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Libyens Staatschef Gaddafi (links) und UNGeneralsekretär Ban Ki Moon. Gemeinsam versucht man, die Krise im afrikanischen Darfur dauerhaft zu lösen.

Foto: REUTERS/Zohra Bensemra
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die afrikanische Krisenregion Darfur besucht und mit Einheimischen, Vertretern von Hilfsorganisationen und Politikern gesprochen.

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Wenn wir über Darfur sprechen, neigen wir zu Pauschalurteilen. Wir sagen: In Darfur befindet sich eine Gesellschaft im Krieg mit sich selbst. Rebellen bekämpfen die Regierung und vice versa. Aber die Realität ist komplizierter, und die Gegner sind nicht immer klar auszumachen. In letzter Zeit kämpfen Stämme gegen Stämme, Rebellenführer gegen Rebellenführer. Zudem hat die Krise die Grenzen von Darfur überschritten und destabilisiert die ganze Region. Verschärft wird die Lage durch eine ökologische Krise, die durch Wüstenbildung, Umweltzerstörung und fehlende Ressourcen - besonders Wassermangel - entstanden ist.

Ich habe eine Woche in der Region verbracht und Menschen zugehört, die über ihre Probleme sprachen: Vertretern der sudanesischen Regierung, Menschen, die aus ihren Dörfern vertrieben worden sind, Mitarbeitern von Hilfsorganisationen und den Staats- und Regierungschefs der benachbarten Länder. Meine Erkenntnis: Es gibt für diese Krise keine alleinige Lösung.

Wenn es Frieden geben soll, müssen alle Faktoren berücksichtigt werden, durch die der Konflikt entstanden ist. Mit der Stationierung einer multinationalen Friedenstruppe von 26.000 Blauhelmen, die gemeinsam von der UNO und der Afrikanischen Union geführt wird, wurde ein guter Anfang gemacht.

Ich habe bei meinem Besuch eine Ahnung davon bekommen, mit welchen Schwierigkeiten die Soldaten dort konfrontiert werden. Ich habe gesehen, wie gut die logistische Vorbereitung anläuft. Eine Friedensmission kann nur erfolgreich sein, wenn es einen Frieden zu sichern gibt. Wir müssen daher mit aller Entschlossenheit eine politische Lösung suchen. Das war oberstes Ziel meiner Reise.

In Khartum hat die Regierung von Präsident Omar al-Bashir ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Friedensmission und die Friedensgespräche bekräftigt. Wir haben vereinbart, dass die Verhandlungen am 27. Oktober in Libyen unter der gemeinsamen Führung der UNO und der Afrikanischen Union beginnen sollen. Die Regierung hat auch ihr Versprechen erneuert, die Feindseligkeiten sofort einzustellen - so wie das auch die Rebellengruppen im vergangenen Monat in Arusha bereits getan haben. Während meines Besuchs gab es allerdings wiederholt Berichte über Spannungen, Zusammenstöße und Bombardements in der Stadt Haskanita in der Provinz Darfur. Es ist unverzichtbar, dass beide Seiten Zurückhaltung üben und so Bedingungen für Gespräche schaffen.

Bei der Darfur-Krise müssen wir auch über die Grenzen blicken. In Juba, der Hauptstadt des südlichen Sudans, sind die politischen Führer besorgt, dass die Darfur-Krise die Aufmerksamkeit vom Friedensabkommen ablenken könne. Es wurde vor zwei Jahren unterzeichnet und beendete einen langen Bürgerkrieg.

Der Frieden in Darfur muss tief greifen, wenn er dauerhaft sein soll. In Juba und El-Fasher habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, verschiedene Stimmen zu hören - Stammesführer, Vertreter der unabhängigen politischen Bewegungen, Frauen und Flüchtlingsgruppen, lokalen sowie nationalen Regierungsbeamten.

Als ich den libyschen Staatschef Oberst Gaddafi in seinem Zelt in Sirte traf, bot er an, die Friedensgespräche in seinem Land zu organisieren. Er versicherte, dass er alles dafür tun werde, damit diese erfolgreich sein würden. "Jetzt oder nie!", sagte er und betonte, dass diese Gespräche die letzten sein müssten.

Während meines Besuchs wurde mir Gaddafis künstlicher Fluss gezeigt: eine hunderte Kilometer lange Pipeline, die Millionen Liter Wasser von den Gebieten südlich der Sahara transportiert. In einer Region mit extremer Wasserknappheit war dies ein unglaublicher Anblick. Ich war tags zuvor über den Tschad-See geflogen - ein riesiger Binnensee, der auf ein Zehntel seiner ursprünglichen Größe geschrumpft ist. Es besteht kein Zweifel, dass die Zukunft der Region von der Wasserversorgung abhängt.

In N'Djamena, der Hauptstadt des Tschad, sagte mir Präsident Idriss Deby, dass es ohne Wasser keine wirtschaftliche Entwicklung geben könne. Ohne wirtschaftlichen Fortschritt, könnten die rund 250.000 Flüchtlinge aus Darfur, die im Osten seines Landes leben, nie nach Hause zurückkehren. Sicherheit und Entwicklung sind miteinander eng verbunden, so Deby.

All das unterstreicht die Notwendigkeit für einen umfassenden Ansatz beim Darfur-Konflikt. Lösungen dürfen nicht Stückwerk sein. Die Krise ist aus vielen Gründen entstanden. Wir müssen mit allen fertig werden - Sicherheit, Politik, Ressourcen, Wasser und humanitäre Fragen. Mit der Komplexität umzugehen macht die Arbeit schwieriger. Aber nur so können wir einen Weg finden, der zu einer dauerhaften Lösung führt. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2007)