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Von Franz Fischler nicht ernst genommen: Saukomische Anti-Gentech-Demo vor dem Land-wirtschaftsministerium.

Foto: APA/Greenpeace/Teresa Novotny
Nur wenige Wochen nachdem sich Vizekanzler Molterer für den Einsatz der Gentechnik bei Energiepflanzen stark gemacht hatte und dafür einen Aufschrei der Empörung erntete, legte Franz Fischler in einem STANDARD-Kommentar (8.9.) ein Schäuferl nach: Darin zeigt er sich überzeugt, dass wir im Kampf gegen den Klimawandel "auf die grüne Biotechnologie angewiesen sein werden". Doch diesmal blieb der Aufschrei aus. Das ist nur auf den ersten Blick verwunderlich: Fischler hat sich in der schwierigen Aufgabe als Agrarkommissar in Brüssel durchgesetzt, ihm wurde quer durch alle Länder und politische Lager der EU Anerkennung zuteil. Vergessen wird dabei, dass 1996 – also bereits in der Amtszeit Fischlers – die EU erstmals grünes Licht für den kommerziellen Anbau genmanipulierter Pflanzen gab. Und dass Fischler schon in der Vergangenheit regelmäßig unumwunden für die Agro-Gentechnik in Wort und Tat eingetreten war.

Die Österreicher gingen mit dem Thema Biotechnologie "völlig schizophren um", konstatiert Fischler neuerdings – ein Vorwurf, der allerdings postwendend an den Absender retourniert werden muss: Schizophren ist es, den Klimawandel mit der Gentechnik bekämpfen zu wollen.

Zerstörerische Folgen

Tatsächlich gibt es bisher keine einzige kommerziell genutzte gentechnisch veränderte Pflanze, die höhere Erträge liefert – ganz im Gegenteil: Oft sind genmanipulierte Pflanzen anfälliger gegen Krankheiten als andere. In Indien etwa gehen jedes Jahr tausende Baumwollbauern zugrunde, weil von Monsanto versprochene Ertragszuwächse sich in Missernten verkehren. Doch selbst wenn ertragssteigernde Gen-Pflanzen zur Marktreife gebracht werden sollten, können diese das Energieproblem nicht lösen: Würde Raps mit dem doppelten Ölgehalt als bisher in Österreich angebaut werden, könnten heimische Landwirte damit nur Bruchteile des Kfz-Dieselbedarfs decken. Bleiben die armen Länder: Dass Regenwälder abgeholzt werden, um genmanipulierte Pflanzen für die "alternative" Spritgewinnung anzubauen, während die einheimische Bevölkerung kaum genug Nahrungsmittel für den täglichen Bedarf hat, ist nicht nur aus ethischen Gründen abzulehnen, sondern auch ökologisch ein Irrsinn.

Anfangs haben die Europäer genmanipulierte Nahrungsmittel abgelehnt, mittlerweile steigt der Widerstand gegen den Einsatz genmanipulierter Futtermittel bei Nutztieren – als letzter Rettungsanker soll nun offenkundig der Klimawandel herhalten, um doch noch der "grünen Biotechnologie" zum Durchbruch zu verhelfen. Wer dies, wie Fischler, explizit fordert, macht sich mitschuldig an der Zerstörung der traditionellen Landwirtschaft. Würde genmanipulierter Raps, Mais oder gar Weizen für die Bioenergiegewinnung ausgebracht, fände sich dieser unweigerlich bald darauf auch im Essen wieder. Denn gentechnisch veränderte Pflanzen kreuzen sich unweigerlich über Pollenflug auf traditionelle Pflanzen aus. Und sollten genmanipulierte Bäume als Energiepflanzen freigesetzt werden, kann niemand sagen, was mit unseren Wäldern passieren wird. Faktum ist: Die synthetischen Gene manipulierter Pflanzen sind nie mehr rückholbar – im Gegensatz zur roten Gentechnik, bei der die Produktion in geschlossenen Systemen abläuft und daher im Normalfall keinen Einfluss auf die Natur nehmen kann.

Zur Illustration: In der großräumigen kanadischen Landwirtschaft gibt es keinen gentechnikfreien Raps mehr – alles ist gentechnisch verschmutzt. Das geht so weit, dass gentechnikfrei wirtschaftende Bauern von Gentechnikkonzernen wie Monsanto vor Gericht gestellt werden, weil Bienen oder Wind ihre Pflanzen mit Pollen aus Gentechnikfeldern bestäubt hatten und die Bauern dadurch lizenzpflichtig werden – denn gentechnisch veränderte Organismen (GVO) sind wie Erfindungen patentiert. Mit anderen Worten: Nicht nur die Ernten werden verschmutzt und möglicherweise unverkäuflich – die Landwirte müssen auch noch wider jede Vernunft Patente zahlen. Letztlich geht es bei dieser Kontaminationsstrategie um nichts anderes als um die Monopolisierung des Saatgutmarkts.

Notbremse ziehen

Stichwort Gesundheit: Niemand kann bescheinigen, dass GVO gesundheitlich unbedenklich wären, da bisher noch kein einziger Langzeitversuch zu diesem Thema existiert. Es gibt mittlerweile eine derartige Vielzahl alarmierender Studien, die die gegenteilige Wirkung nahelegen, dass es höchste Zeit wäre, die Notbremse zu ziehen, wie Jeffrey Smith in seinem neuen Buch "Genetic Roulette" deutlich macht. Ganz sicher ist die Gentechnik jedenfalls eines nicht: ökosozial. Sie steht vielmehr, wie Fischlers Ex-Ministerkollege Josef Riegler im Buch "Gefahr Gentechnik" unmissverständlich schreibt, "im Gegensatz zur ökosozialen Marktwirtschaft". Mit seinen Aussagen bringt Fischler somit eine Idee, die vieles bewegt hat, in Verruf. – Wie verträgt sich das eigentlich mit seinem Amt als Präsident des Ökosozialen Forums? (Klaus Faißner/DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2007)