In kyrillische Buchstaben transkribiert steht an der Wand: "Mall Gallery". Das Zentrum gehört Meinl European Land.

Foto: Standard/Eduard Steiner
Moskau - Das winterliche Grau des Nordens schickt schon im September erste Vorboten. Tief hängen die Wolken über den Plattenbauten am nördlichen Stadtrand von Moskau. „Freude“ hat der sowjetische Zweckoptimismus die Gegend genannt, "Otradnoje" auf Kommunismusrussisch. Die "Freude" in Putins Russlands ist eher Shopping. Im Real-Supermarkt der "Mall Gallery" sind auch am Sonntag um acht Uhr Abend noch 24 der 46 Kassen in Betrieb. Seit dem Vorjahr gehört die "Mall Gallery" zu Meinl European Land.

Im Frühjahr 2006 hat MEL das Objekt mit 25.000 Quadratmetern Fläche erworben. Der Verkäufer war Schalwa Tschigirinski, der russische Immobilienhai schlechthin. Vier Einkaufszentren hat er für 400 Millionen Dollar an MEL verkauft, zwei befinden sich im Bau.

Als bedeutendster Investitionsmarkt ist Russland im MEL-Geschäftsbericht 2006 ausgewiesen. 40 Prozent der Immobilien und Objekte befinden sich demnach in Russland. "Das Gesamtportfolio" umfasst "rund 2,1 Mrd. Euro". Zwischen 2004 und 2006 hat MEL Einkaufszentren in russischen Provinzstädten gekauft. 2009 sollen weitere in Rostow am Don und in Rjasan eröffnet werden. Und in Moskaus Vorort Puschkino wird um 300 Mio. Euro ein der Wiener SCS ähnliches Zentrum gebaut.

"Der Schlüssel zu Meinls Erfolg in Russland waren die Ankermieter. Meinl wusste immer schon im Vorhinein, was sie verdienen werden", erzählt ein österreichischer Bauleiter, der mit dem russischen Markt und dem MEL-Russland-Engagement bestens vertraut ist, aber Anonymität vorzieht: "Ob Rewe oder Metro – wohin auch immer Meinl gegangen ist, sie gingen mit."

Auch in MEL-Managmentkreisen in Russland wird bestätigt, dass man zuverlässige Mieter – auch unter Russen – habe: "In Russland muss man sich ohnehin sehr dumm anstellen, um vom derzeitigen Mieteransturm nichts abzukriegen", hieß es dort. So würden die Mieter etwa in Petersburg, wo MEL knapp vor der Eröffnung seines 40.000 Quadratmeter großen Einkaufszentrums stehe, quasi Schlange stehen.

Dass die Krise bei MEL etwas mit Russland zu tun haben könnte, wird von beiden Ansprechpartnern für unwahrscheinlich gehalten. Ein Pferdefuß bei Meinl in Russland sei, dass die Projekte zentral von Wien aus gemanagt würden, sagt der Bauleiter. Auch sei problematisch, dass Meinl im letzten Jahr in Russland kein greifbares Objekt erworben oder präsentiert habe. Derzeit werde mehr geredet, allerdings sei es im Moment auch schwer, etwas Brauchbares zu vernünftigen Preisen zu bekommen. Vor einigen Jahren habe Meinl "jeden Monat gekauft, ohne über Geld zu diskutieren. Der Kauf fertiger Objekte in den Regionen war sehr riskant. Auditoren wurden damals zur Mängelanalyse an den Objekten aufgefahren, um den Kaufpreis um 30 Prozent zu drücken", erzählt der Baumanager: "Die veranschlagten Renditen wurden aber immer erzielt".

In der letzten Woche haben Meinl-nahe Unternehmen dann doch zwei neue Projekte angekündigt – beide in exotischen Regionen. In der Nähe der nordkaukasischen Stadt "Mineralnyje Wody" soll ab 2008 ein Handelszentrum um 60 Mio. Dollar entstehen. Und die Meinl Airports International hat ihren ersten Kauf für 24 Millionen Dollar im südsibirischen Ulan-Ude getätigt. "Wie im Größenwahn" wolle MEL kaufen, ergänzt ein weiterer Baumanager. Dass sich Meinl übernommen hätte, habe er aber nie gehört. (Eduard Steiner, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.09.2007)