Wien - Nicht ganz zufrieden mit den im Entwurf für die Staats- und Verwaltungsreform vorgesehenen Neuerungen für die Volksanwaltschaft sind die beiden Volksanwältinnen Maria Fekter und Terezija Stoisits. In der Begutachtung-Stellungnahme verlangen sie, Gesetze beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Die geplanten Verwaltungsgerichte werden von mehreren Seiten kritisiert. Diese würden hohe Kosten verursachen und Verfahren würden länger dauern. Indes schlagen Innsbrucker Staatsrechtler eine Volksabstimmung für die Staatsreform vor.

Forderungen nicht erfüllt

Fekter und Stoisits bemängeln in ihrer Stellungnahme vor allem, dass zwei langjährige Forderungen nicht erfüllt werden, nämlich aktuell und nicht nur jährlich (oder gar alle zwei Jahre wie in manchen Ländern) Berichte vorlegen und Gesetze beim VfGH anfechten zu können. Strikt abgelehnt wird überdies die künftig mögliche "grundlose" Abwahl eines Volksanwaltes durch eine Zweidrittelmehrheit des Nationalrates. Die Möglichkeit der Abberufung zu schaffen, halten die Volksanwältinnen zwar auch für nötig - aber ihnen wäre ein Amtsenthebungsverfahren beim VfGH lieber.

Die Wiener Landesregierung hat schwere Bedenken bei den geplanten Verwaltungsgerichten. Zwar trete man den Verwaltungsgerichten "nicht grundsätzlich entgegen". Aber "die Folgen der Beseitigung der zweiten Administrativinstanz in der Verwaltung sind sehr weit reichend". Deshalb verlangt die Landesregierung ein uneingeschränktes Recht auf die Richterernennung für das Wiener Verwaltungsgericht.

Höhere Kosten durch mehr Aufgaben

Die Landesregierung ist überzeugt: "Die Qualität der Entscheidungen der Bauoberbehörde, des Dienstrechtssenates, des Vergabekontrollsenates der Stadt Wien oder des Umweltsenates des Bundes, um nur einige Beispiele zu nennen, kann durch einen Einzelrichter, der über keine spezielle Vorbildung und vor allem keine praktische Erfahrung auf dem betreffenden Rechtsgebiet verfügt, nicht gehalten werden." Beklagt wird, dass die Verwaltungsgerichte "erheblich mehr" Aufgaben hätten als die unabhängigen Verwaltungssenate, die sie ablösen - und somit mehr kosten werden. Die geschätzten 10,3 Mio. Euro pro Jahr mehr will sich Wien im neuen Finanzausgleich abgelten lassen. Zudem verlangt Wien ein "wirksames Instrument zur Wahrung der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes", nämlich die Möglichkeit der Amtsbeschwerde.

Bei den Verwaltungsgerichten würden sich die Verfahren im Vergleich zum Verwaltungsgerichtshof entscheidend verlängern, warnt die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt, die für Beschwerden gegen Versetzungen und Verwendungsänderungen der öffentlich Bediensteten zuständig ist.

Volksabstimmung angebracht

Eine Volksabstimmung über die geplante Staats- und Verwaltungsreform halten einige Mitglieder des Instituts für Öffentliches Recht an der Uni Innsbruck für angebracht. Die "tranchenartigen" Änderungen könnte zu einer "schleichenden" Gesamtänderung der Verfassung führen. Und in diesem Fall ist eine Volksabstimmung notwendig, wird in der Begutachtungs-Stellungnahme betont. Aber auch wenn es sich nur um eine beträchtliche Teiländerung handeln sollte, sollte man überlegen, das Volk darüber abstimmen zu lassen.

Es stelle sich "durchaus die Frage, inwiefern der vorliegende Entwurf entweder für sich allein oder aber im Zusammenwirken mit der bereits erlassenen Wahlrechtsreform sowie weiteren zu erlassenden 'Reformpaketen' gesamtändern wirken könnte", schreiben die außerordentliche Universitätsprofessorin Anna Gamper und vier Wissenschaftliche Mitarbeiter der Instituts. Nach dem Mandat des Österreich-Konvents hätten die Bauprinzipien der Verfassung aufrecht bleiben sollen. Jetzt aber, mit den Ergebnissen der Expertengruppe, würden "jedenfalls das demokratische, bundesstaatliche und gewaltenteilende Prinzip" maßgeblich berührt. (APA)