Brüssel - Konzerne, die Energie erzeugen und auch die Leitungen zum Transport besitzen, haben wenig Interesse, diese Leitungen auch der Konkurrenz zu öffnen. Hohe Benutzungsgebühren machen es neuen Marktteilnehmern nahezu unmöglich, konkurrenzfähige Angebote zu legen.
Das Ergebnis: In den Staaten der EU, in denen Produktion und Netz getrennt sind, liegen die Strompreise für Konsumenten im Schnitt um rund 25 Prozent niedriger als in Ländern, in denen die Energiekonzerne Erzeuger und Netzbetreiber sind (siehe Grafik).
Die EU-Kommission will nun in ihrer am Mittwoch vorgestellten Energiecharta die Unternehmen in allen EU-Staaten zwingen, die Trennung vorzunehmen. Dazu soll es zwei Möglichkeiten geben:
Diese zweite Variante schlägt die Kommission vor, um auch den großen Teilungsgegnern Deutschland und Frankreich eine Zustimmung zu ermöglichen. In Deutschland wäre eine zwangsweise eigentumsrechtliche Trennung der börsennotierten Konzerne wie Eon gar nicht möglich.
Übernahme-Veto
Um die Übernahme der neuen ausgegliederten Gesellschaften beispielsweise durch kapitalstarke russische oder chinesische Energiekonzerne zu verhindern, will die Kommission auch ein Vetorecht einführen. Dem zufolge muss ein Unternehmen aus einem Drittstaat, das einen EU-Netzbetreiber kaufen will, selbst auch nach den Regeln der EU entbündelt sein. Dazu müsste es dann noch ein spezielles Investitionsabkommen zwischen der EU und Russland geben, das politische Intentionen bei der Übernahme ausschließt. Damit ist etwa ein Investment der russischen Gasprom so gut wie unmöglich, da Russland das Staatsunternehmen deswegen kaum zerschlagen würde.
Österreich lehnt eine eigentumsrechtliche Trennung strikt ab, sagte Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Betroffen wäre vor allem der Verbund, der sein Transportnetz bereits in die Austrian Power Grid (APG) ausgegliedert hat. Bartenstein ist damit zufrieden, die EU allerdings nicht: Der Verbund hat alle Eigentumsrechte an der Tochter und bestimmt das Management. Die österreichische Energiewirtschaft lehnt das Energiepaket als "Schritt in die völlig falsche Richtung" ab und erklärt, wegen der ständigen Änderungen der Rahmenbedingungen keine solide Basis für Investitionen zu haben.
Die AK stimmte in die Kritik der Stromfirmen ein und meinte, bei der von Brüssel geplanten Entflechtung auf Eigentümerebene handle es sich um eine Privatisierung. "Was die E-Wirtschaft benötigt, sind stabile Rahmenbedingungen sowie Rechts- und Planungssicherheit", erklärte Branchenverbandschef Leo Windtner. (Michael Moravec, Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.09.2007)