ModeratorIn: derStandard.at begrüßt Armin Thurnher und Siegmar Schlager sehr herzlich im "Geburtstags-Chat". Wir freuen uns auf viele spannende Fragen!

Thurnher, Schlager: Schlager: Wir begrüßen alle. Thurnher: Mein erster Chat. Ich bin aufgeregt.

Userfrage per Mail: Was darf man sich für den Relaunch erwarten? Wie soll so eine "europäische Wochenzeitung" aussehen?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Wie genau die Sache aussehen wird, werden wir natürlich nicht verraten. Europäische Wochenzeitung aus Wien bedeutet soviel wie die neue geopolitische Lage ernst zu nehmen und über die Stadtgrenzen in alle Richtungen hinauszuschauen.

Userfrage per Mail: Stichwort Relaunch: Wird sich auch das Format des "Falter" ändern?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Nein. Schlager: Nein. Thurnher: Obwohl wir natürlich über ALLES reden. Schlager: und vor allem nachdenken.

Userfrage per Mail: Wird es auch eine eigene Linz-Ausgabe geben?

Thurnher, Schlager: Schlager: Werden wir sehen.

Userfrage per Mail: Art Director Dirk Merbach hat gemeint, es könnte eventuell nach dem Relaunch auch ein Sport- und Wirtschaftsressort geben. Ist das geplant?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Wir denken über alles nach, aber die Aufteilung in Ressorts kommt erst am Schluss. Sport und Wirtschaft sind sicher wichtige Themen. Schlager: Ich bin für einen eigenen Rapidteil. Thurnher: Das kommt beim Antidiskriminierungsausschuss niemals durch.

Martin Fleck: Ist es nicht sehr schwierig, eine Wochenzeitung zu machen, wenn sich schon die Tageszeitungen (standard, presse) wie wochenzeitungen geben?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Das ist richtig, aber es bleibt noch genügend Bedarf an Orientierung und tiefgehender Betrachtung übrig. Außerdem hat ein wöchentlicher Überblick seine Vorzüge, was man am Veranstaltungsprogramm erkennt. Dort ist die Woche durch nichts zu ersetzen.

OS Gandalf: Der FALTER macht - wenn man ihn nur fallweise liest - den Eindruck, als sei er nur für Insider geschrieben. Viele Kolumnen und Beiträge sind sehr äh sagen wir mal zielgruppengerecht geschrieben, wer da nicht hineinfällt, wird nicht angesprochen.

Thurnher, Schlager: Schlager: Das scheint manchmal so, man muss sich einlesen. Thurnher: Wenn es so ist, finde ich es nicht gut. Jedenfalls ist es nicht beabsichtigt.

OS Gandalf: Die populärsten Kolumnen kann man eh als Buch kaufen - Knecht, Nüchtern, Dusl und so weiter: wieso noch Falter wöchentlich lesen?

Thurnher, Schlager: Schlager: Der Falter besteht ja nicht nur aus Knecht, Nüchtern und Dusl. Thurnher: Bis zum nächsten Buch vergehen schon wieder 50 Wochen.

erwin meier: mir (eher liberal) scheint der Falter sehr links zu sein, mangels Alternativen "muss" ich ihn trotzdem lesen... ein Wirtschaftsressort, oder zumindest eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Wirtschaft ohne 08/15 Kapital-ist-böse Feindbild würde mir

Thurnher, Schlager: Thurnher: Es gibt jedenfalls sehr qualifizierte Ökonomen wie Markus Marterbauer, der sich im Falter regelmäßig mit Wirtschaftsthemen auseinandersetzt. Schlager: Ob das mehr werden kann, auch darüber denken wir nach.

Manfred Bieder: S.g. Herr Thurnher, erstmals Gratulation zum 30-er. Die Frage: Sie haben sich kürzlich über die "tobsüchtigen Hitzköpfe in den Foren" eher negativ geäußert. Haben Sie damit die derStandard.at-User gemeint?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Ja, auch. Mir ist jede Art von Ressentiment unsympathisch, und das gedeiht leider oft in Foren.

tom_d1: ist hier auch der einstieg eines internationalen partners geplant- da ja wohl für eine europäische wochenzeitschrift als verkaufsmarkt nicht nur wien und graz ziel sein können- und einerseits wohl mehr mitarbeiter benötigt werden, andererseits ent

Thurnher, Schlager: Schlager: Nein, das ist nicht geplant. Thurnher: Die Definition bezieht sich ja nicht auf Absatzmärkte sondern auf die inhaltliche Orientierung der Zeitung.

Manfred Bieder: Der Falter hat nach ewig langem "Verbot" den Haider interviewt! Hat das nicht ein wenig geschmerzt?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Es hat fast gar nicht wehgetan. Schlager: Mir schon. Thurnher: Aber das Bilderverbot hat sich mit der Zeit als kontraproduktiv erwiesen.

Userfrage per Mail: Wie sieht das Verhältnis zwischen den gewonnen und verlorenen Klagen gegen Jörg Haider aus?

Thurnher, Schlager: Schlager: Bei Haider: 2 geführt, 2 gewonnen, unter anderem den Widerruf im Fernsehen durchgesetzt. Sonst gegen die FPÖ und ihre Epigonen viele verloren. Zuletzt aber in Strassburg gegen die Republik Österreich in einem Kabas-Verfahren gewonnen.

Userfrage per Mail: Herr Schlager, seit 1998 schreibt der "Falter" Gewinne. Wie kam es dazu?

Thurnher, Schlager: Schlager: Weil wir mehr eingenommen haben als ausgegeben. So einfach ist das manchmal. Leider auch öfters umgekehrt.

Ununpentium: Wie stark ist der Trend des Voyeurismus momentan und wie weit hat er den (Qualitäts)Journalismus aus der Medienlandschaft verdrängt?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Der Voyeurismus ist ein umfassendes Prinzip in der Aufmerksamkeitsökonomie. Auch der Qualitätsjournalismus kann sich dem nicht ganz entziehen. Man muss versuchen bewusst und selbstkritisch damit umzugehen.

Userfrage per Mail: Was ist für den Medienmarkt schlimmer: "Heute" oder "Österreich"?

Thurnher, Schlager: Schlager: Beide sind nicht schlimm in dem Sinn, dass es sie gibt. Wie sie die Lesegewohnheiten der Menschen verändern ist allerdings langfristig für den Printmarkt fatal. Thurnher: Den Markt ruinieren sie beide, jeweils für sich auf unnachahmliche Weise.

Ununpentium: Wenn Sie die Chance hätten, auf eine Tageszeitung in Österreich zu verzichten. Welche wäre das?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Wie meinen Sie das: nicht lesen oder abschaffen? Schlager: Ich verzichte persönlich auf einige. Die Frage ist eher, welche man braucht.

CrazyBird: Wann traut sich der Falter endlich an ein Tageszeitungsprojekt? Für mich ist es die einzige Zeitung, die unpolemisch und journistisch wertvolle Beiträge abdruckt. ein Gegenpol zum "Heute" und "Österreich"- Anzeigenjournalismus ist dringend notwendig

Thurnher, Schlager: Schlager: sprechen wir beim 40 Jahre Falterfest darüber!

ja ja #1: wie sind sie mit dem steiermark falter zufrieden?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Sehr zufrieden. Positive Leserentwicklung bestätigt das.

faust: Ich lese seit einem halben Jahr Falter, und würde mir mehr gute Stadtleben-Geschichten wünschen - das ist eine echte Nische, wo Bezirksblatt, Heute etc. nur Mist bringen. Die Autoren gibts offensichtlich, warum bekommen sie nicht mehr Platz?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Stadtleben ist beim Falterrelaunch sicher eines der Ressorts im Mittelpunkt der Überlegungen.

Rafaela: Denken Sie daran, ein Falter-Archiv online zugänglich zu machen, kostenpflichtig oder auch nicht? ich ärgere mich oft, wenn ich die zeitung schon weggeschmissen habe und dann doch noch was nachlesen will.

Thurnher, Schlager: Schlager: Ja, daran denken wir. Thurnher: Im APA Online Archiv ist der Falter seit August 1998 nachzulesen, allerdings kostenpflichtig.

Userfrage per Mail: Warum gibt es nicht die gesamten Print-Inhalte auch online? Angst, Abonnenten zu verlieren?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Nein, aber ein Onlinemedium ist eine Medium eigenen Rechts und muss von einer Redaktion betreut werden, für uns einstweilen ein zu großes Investment. Schlager: Aber es gibt seit langem viele Falterangebote online, wie das Veranstaltungsprogramm, "Wien wie es isst" und das Wissenschaftsmagazin Heureka. Es bringt ja nichts den gedruckten Falter eins zu eins im Internet nachzubilden.

Userfrage per Mail: Würde man den "Falter" 2007 gründen wäre er dann eine reine Internetzeitung?

Thurnher, Schlager: Thurnher+Schlager: Nein. Thurnher: Nach wie vor hat bedrucktes Papier eine andere Aura und Bedeutung. Das kann sich abschwächen, wird sich aber grundsätzlich nicht ändern. Man überlegt doch etwas länger, was man druckt.

Micaela Marquee: Welche Internet-Seiten neben dem Falter surfen Sie täglich an?

Thurnher, Schlager: Schlager: orfonline, etat, derStandard.at klarerweise, presse.com. Thurnher: Deutsch- und englischsprachige Qualitätszeitungen, Perlentaucher.

Chris_SM: gesetzter sei der Falter geworden, meinten Sie Hr. Turnher in der letzten Ausgab Wie wichtig halten Sie es, dass der Falter ein jugendliches Profil behält? Wie problematisch ist es in diesem Zusammenhang, dass die führenden Leute immer älter werden?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Ich habe einmal das schöne Wort "Jugendfaschismus" geprägt weil ich es für absurd halte Alter oder Geschlecht als Kriterien für die Beurteilung von Qualität einzusetzen. Alter für sich ist kein Wert.

Rafaela: Herr Thurnher, Sie gelten ja auch als ambitionierter Hobbykoch - Wen mögen Sie von den Fernsehköchen? Gibt es eine Kochsendung, die Sie regelmäßig schauen?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Ich muss zugeben, die meisten gehen mir auf die Nerven. Ich mochte Biolek ganz gerne und ich mag alles, was auf die Sache konzentriert ist und nicht auf die Show. Jamie Oliver nervt besonders und seine Adepten sowieso.

Manfred Bieder: Wie sehr zeichnet Florian Klenk für den "neuen" Falter verantwortlich?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Florian Klenk ist wie Klaus Nüchtern einer meiner Stellvertreter, der neue Falter wird im Team entwickelt und zuletzt von den Gesellschaftern beschlossen.

faust: Wie weit sind die Pläne für einen Linz/OÖ-Falter? Als alter Linzer finde ich, dass die Zielgruppe da ist, und im Land der Raiffeisen-ÖVP-Allmacht wären kritische Stimmen notwendig!

Thurnher, Schlager: Thurnher: Wir sind der Verlag der kleinen Schritte: mit Siebenmeilenstiefeln einen nach dem anderen. Schlager: Dazwischen liegt ja auch noch St. Pölten und dann muss man noch die Enns überqueren. Schneller ist man in Bratislava oder Brünn.

George Harrison: Wann darf denn endlich ein Austrianer (zB. Peter Menasse) über Fussball schreiben? 10 Jahre Rapid Verherrlichung des Hrn. Kralicek reichen.

Thurnher, Schlager: Thurnher: Der soll weiter seine Romane schreiben. Im Ernst: Kralicek ist nun mal der Fußballbeauftragte. Er tritt wöchentlich vor der Gleichberechtigungskommission an. Der Erfolg wird sich in den nächsten 10 Jahren sicher einstellen. Schlager: Wo? Bei der Austria? Im Übrigen meine ich Kralicek schreibt viel zu wenig über Rapid. Immer diese Gleichbehandlungskommission. Thurnher: Wer holt mich da raus? Schlager: SC Bregenz Thurnher: Immerhin Regionalliga West.

Falle: Herr Thurnher, in Ihren Kommentaren halten Sie berechtigterweise journalistisch-ethische Kriterien hoch. Im Gegenzug gibt es im Falter viele Artikel, bei denen man schon nach dem ersten Absatz weiß, was die Hauptaussage sein wird, die dann gleich a

Thurnher, Schlager: Thurnher: Kann ich Ihnen nicht zustimmen. Das Problem ist, dass es den objektiven Bericht nicht gibt, man muss versuchen, seinen Standpunkt transparent zu machen.

Manfred Bieder: Tippen Sie Ihr "Im Übrigen bin ich der Meinung, dass ... "- Satzerl eigentlich jedesmal neu oder haben Sie bereits einen Textbaustein, den Sie reinkopieren? Wie lange wirds das Satzerl noch geben?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, jede Woche einen neuen Textbaustein hinzuzufügen, so dass am Ende ich nichts Neues mehr schreiben muss. Den Satz gibt es so lange, wie es den Mediamil-Komplex gibt.

Micaela Marquee: Gibt es ein Falter-Cover auf das Sie besonders stolz sind?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Ja, als Hubsi Kramar als Hitlerdarsteller beim Opernball verhaftet wurde, haben wir das Foto gebracht und dazu geschrieben: "Österreich, wie es wirklich ist: Adolf Hitler sofort verhaftet". Aber es gäbe noch viele andere.

sel lerie: Gibts irgendwann mal ein anderes Falter-Papier?

Thurnher, Schlager: Schlager: Nein. Zeitungspapier bleibt Zeitungspapier, wenn wir das ändern würden, würden wir zu einem Wochenmagazin.

slow motion: Zum Thema "Freiheit" meinte mal einer: "Wenn die Argumente fehlen, dann wird meistens ein Verbot verhängt". Wie sinnvoll war in diesem Sinne das Zusammenhang das Haider-Verbot des Falter ? Und weiter: hatte die antihaideristische Fokussierung des Fa

Thurnher, Schlager: Thurnher: Nein. Es war auch kein Haiderverbot, sondern ein Haiderbilderverbot. Das hatte zum Ziel, darauf hinzuweisen, dass die meisten Medien vorgaben, Haider zu kritisieren und ihn gleichzeitig als Verkaufsmagneten benutzten, indem sie ihn verherrlichend abbildeten. Mit der SPÖ hatte das nichts zu tun, es war eine medienkritische Intervention.

sec: wie erklärt es sich, dass ausgerechnet die falter-führung so einen hang zu einem adeligen umfeld hat? herr thurnher lebt auf einem schloss, herr schlager ist mit einer cortolezis verheiratet.

Thurnher, Schlager: Schlager: Bekanntlich hat Cortolezis mit Adel meines Wissens nichts zu tun. Selbst wenn es so wäre, ich suche mir meine Lebenspartnerin nicht nach ihrer sozialen Herkunft aus. Thurnher: Ich mag dicke Mauern. Auch in Wien lebe ich deshalb in einem Altbau. Meines Wissens besteht keine Gefahr, dass ich in den Adelsstand erhoben werde.

sel lerie: Die Bild-Zeitung lädt ab und an externe Chefredakteure ein, das Blatt zu gestalten. Wie würde Ihre Bild-Headline aussehen? Würden Sie gerne mal einen Tag Krone-Chef sein?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Bild-Headline: LASSEN SIE DIE FINGER VON DIESEM BLATT! Krone-Chef? Nicht einmal für immer. Schlager: Bild und Krone Headline: "Wir holen dich da raus."

Micaela Marquee: Wem drücken Sie bei der EM 2008 die Daumen?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Immer für die Hoffnungslosen, deshalb kann man mit gutem Gewissen für Österreich die Daumen drücken. Schlager: Wenn sie mitspielen, die Iren sind einfach super.

lava lava: wer sind die drei von ihnen am meisten geschätzten tageszeitungs-kommentatorInnen?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Rohrer, Rauscher, Fleischhacker.

Ununpentium: Welches Medienformat fehlt Österreich noch? Wo ist am ehesten eine Niesche? (Egal ob Tages- oder Wochenzeitung

Thurnher, Schlager: Thurnher: In Österreich ist jedes Medium eine Marktlücke. Ganz Österreich ist eine Nische.

Rafaela: Wie war der Rücklauf der Fragebögen? ich fand es schade, dass man das nicht auch per mail/online erledigen konnte, ich habs ausgefüllt und dann nicht auf die post getragen.

Thurnher, Schlager: Schlager: Es sind 7000 Fragebögen zurückgekommen. Natürlich konnte man den Fragebogen auch online beantworten. Vielleicht schicken Sie Ihren Fragebogen doch noch. Thurnher: Besser spät als nie.

Userfrage per Mail: Was war in den verg. 30 Jahren die größte Enttäuschung am Medienmarkt?

Thurnher, Schlager: Thurnher: Die größte Enttäuschung war, dass Misserfolge immer als Erfolge betrachtet werden und umgekehrt. Sonst hätte der Fellnerismus das Land nicht so sehr quälen können.

ModeratorIn: derStandard.at bedankt sich bei Armin Thurnher und Siegmar Schlager fürs Kommen und bei den UserInnen für die rege Teilnahme. Leider konnten nicht alle Fragen gestellt werden. Deswegen sind wir im Übrigen der Meinung, dass wir (spätestens zum nächst

Thurnher, Schlager: Thurnher: Vielen Dank, hat gar nicht wehgetan. Schlager: Bis zum nächsten Mal. Morgen ist Falter-Fest in der Ottakringer-Brauerei, da sehen wir uns hoffentlich.