STANDARD: Was sind die häufigsten Fehler, die beim Thema Vererben passieren?

Weninger: Generell ist das ein ungeliebtes Thema, mit dem sich keiner wirklich aktiv beschäftigt, und oft wird es verschlafen. Viele kommen erst drauf, dass eine Vorsorge gut gewesen wäre, wenn es zu spät ist. Etwa, wenn eine Person verstorben ist, kein Testament gemacht wurde und Streitigkeiten ums Erbe entstehen. Es gibt eine falsche Angst und eine Ehrfurcht vor dieser Materie. Über Vermögen und den Tod spricht man eben nicht gerne.

STANDARD: Werden beim Vererben oft vermögensrelevante Dinge einfach vergessen?

Weninger: Ja, Schlamperei kommt sogar oft vor. Man weiß eigentlich gar nicht genau, was man hat. Später tauchen noch Versicherungsverträge auf, abgelaufene Bausparverträge. Nicht zu vergessen die berühmten Safes, wo Angehörige nicht wissen, wo der Schlüssel ist oder in welcher Bankfiliale er sich befindet.

STANDARD: Was passiert mit solcherart spät gefundenen Vermögenswerten?

Weninger: Ein Testament gilt parallel zur gesetzlichen Erbfolge. Ist das Testament eindeutig formuliert und klar, wem was gehören soll, wird der Rest des Vermögens nach der gesetzlichen Erbfolge aufgeteilt. Es reicht eine einfache Formulierung, etwa: „Mein Vermögen soll in gleichen Teilen unter den Kindern aufgeteilt werden.“ Mit einer klaren Formulierung erspart man den Angehörigen auch Probleme.

STANDARD: Wie sieht es mit unehelichen Kindern und Lebenspartnern aus?

Weninger: Hier gibt es noch immer vermeintliche Rechtssicherheit. Uneheliche und eheliche Kinder sind bei der Erbfolge längst gleichgestellt. Oft wird daher vergessen, uneheliche Kinder im Testament explizit auszuschließen, so das ein Wunsch ist, weil viele glauben, uneheliche Kinder seien ohnehin nicht erbberechtigt. Bei Lebenspartnern ist das ähnlich. Hier wird oft gedacht, dass ein automatischer Erbanspruch besteht. Das ist aber leider falsch und nicht selten gehen Lebensgefährten leer aus, weil sie im Testament nicht ausdrücklich begünstigt wurden. Lebensgemeinschaften sind einer Ehe nicht gleichgestellt, auch wenn sie mehrere Jahrzehnte überdauert haben. Wenn nicht ausreichend vorgesorgt ist, schaut der Partner durch die Finger.

STANDARD: Wo sollte man ein Testament am besten hinterlegen?

Weninger: Die neutralste Stelle ist sicher das Zentrale Testamentregister der Notariatskammer. Dort können Anwälte und Notare ein Testament anmelden. Wo es dann tatsächlich aufbewahrt wird, ist eine zweite Frage. Aber aus dem Register geht hervor, dass jemand an einem bestimmten Tag ein Testament hinterlegt hat. Oft wird ein Testament nicht gefunden, weil der Verfasser es gut versteckt hat. Dadurch ergibt sich noch ein anderes Problem: der, der es findet, kann damit tun, was er will. Das ist zwar strafbar, kommt aber auch vor.

STANDARD: Ab wann sollte man sich Gedanken über seine Vermögensweitergabe machen?

Weninger: Spätestens wenn Kinder da sind, sollte man sich damit befassen. Im Laufe eines Lebens sollte man auch prüfen, ob die Angaben im Testament noch gelten. Ein klassischer Fall: Jemand heiratet, begünstigt seine Frau und hinterlegt das Testament beim Notar. Es folgt die Scheidung und eine zweite Ehe. Es gibt noch immer den Irrglauben, dass die Begünstigung der ersten Frau automatisch durch die Scheidung verfällt. Wird die zweite Frau nicht begünstigt, bekommt sie nur ihren Pflichtteil und den Rest laut Testament die erste Ehefrau.

STANDARD: Muss man ein Erbe antreten?

Weninger: Nein. Jeder Erbe hat das Recht, einen Blick auf seinen Erbanteil zu werfen. Das ist speziell dann notwendig, wenn man von weitschichtigen Verwandten erbt. Es empfiehlt sich, vor dem Notar nur eine beschränkte Erb-antrittserklärung abzugeben. Damit beschränkt man die Haftung auf die Höhe der vorhandenen Aktiva. Erbt man nur Schulden, nur Probleme, kann man die Erbschaft ablehnen. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.9.2007)