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US-Botschafter Ryan Crocker mit Eskorte

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Blackwater betreibt im US-Bundesstaat North Carolina den größten privaten Schießplatz der Welt (28 km²).

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Nachdem die irakische Regierung der US-Sicherheitsfirma Blackwater die Lizenz entzogen hat, läuft eine heftige Debatte über die Rolle ausländischer privater Sicherheitskräfte im Irak. Seit der damalige US-Präsident Bill Clinton im Jahr 1992 Privatfirmen mit der Logistik für die UN-Mission in Somalia betraute, sind die als PMCs (Private Military Companies) bekannten Firmen zu einem fixen Bestandteil der US-Militärpolitik geworden.

Im ersten Irakkrieg 1991 waren 540.000 Soldaten und 9.200 zivile Spezialisten auf Seiten der Koalitionsstreitkräfte im Einsatz, 2003 sollten 300.000 Mann ausreichen, um das Land zu besetzen. Mittlerweile sind nur noch 162.000 Militärangehörige, dafür aber 180.000 Zivilisten, deren Gehälter vom US-Verteidigungs- und Außenministerium bezahlt werden, im Irak stationiert.

Blackwater bewacht den Botschafter

Die Aufgaben, die an Subunternehmer ausgelagert werden, reichen von Material- und Lebensmittelnachschub über die Wartung von Waffensystemen und militärische Aufklärung bis zum Begleitschutz für alle zivilen US-Vertreter im Irak, also auch für Botschafter Ryan Crocker. Die größten Militärdienstleister im Irak sind neben Blackwater die US-Firmen DynCorp International und Triple Canopy sowie die britische Aegis.

Allein das Verteidigungsministerium bezahlt nach eigenen Angaben 137.000 private Vertragspartner, 7300 von ihnen im Sicherheitsbereich. Das Außenministerium gibt keine Angaben heraus, doch dürfte es weitaus mehr private Sicherheitskräfte beschäftigen.

"Die privaten Dienstleister sind de facto zu einer dritten Kraft geworden, unverzichtbar für die moderne Kriegsführung", urteilte das Washingtoner Lexington-Institut kürzlich in einem Gutachten.

Wer zählt die Toten und Verwundeten?

Seit Jahresanfang haben die Angriffe irakischer Aufständischer auf die oft schlechter geschützten Zivilmitarbeiter der US-Behörden zugenommen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden 146 von ihnen getötet und über 3.400 verletzt. Die Zahlen stammen vom US-Arbeitsministerium der Versicherungsgesellschaft American International Group: die Firmen weigern sich, darüber zu sprechen, und Militärsprecher Joseph M. Yosa erklärte, es sei nicht Aufgabe der Armee, Statistiken über Verluste unter zivilen Auftragnehmern zu führen.

Die 1996 vom christlich-konservativen Milliardär und ehemaligen Navy Seal Erik Prince aus Michigan gegründete Sicherheitsfirma Blackwater erhielt 2000 nach dem Al-Kaida-Angriff auf den Zerstörer "Cole" im Jemen von Präsident Clinton den Auftrag zur Bewachung von Schiffen der US Navy, es folgten Einsätze in Afghanistan und, nach dem verheerenden Hurrikan Katrina, in New Orleans.

Einstieg ins Rüstungsgeschäft

Mittlerweile beschäftigt Blackwater 2300 Söldner in neun Ländern und hat eigenen Angaben zufolge 21.000 Mann abrufbereit. Die Firma, die Regierungsaufträge in Höhe von 500 Millionen Dollar erhielt, will auch ins Rüstungsgeschäft einsteigen. Kürzlich wurde der gepanzerte Truppentransporter Grizzly präsentiert, auch ein unbemanntes Luftschiff befindet sich im Angebot.

2005 verklagten die Angehörigen von vier Blackwater-Mitarbeitern, die im März 2004 im irakischen Falluja getötet worden waren, die Firma wegen Vernachlässigung von Sicherheitsbestimmungen. Der Arbeitgeber antwortete mit einer Gegenklage in der Höhe von zehn Millionen Dollar: schließlich hatten die Getöteten einen Vertrag unterzeichnet, der ihnen verbot, die Firma vor Gericht zu bringen.

Keine Konsequenzen

Im Irak sind die Privatsecurities äußerst unbeliebt: man wirft ihnen vor, rücksichtslos gegenüber der Zivilbevölkerung zu handeln, weil sie keine Konsequenzen für ihr Verhalten fürchten müssen. So erschoss im Dezember 2006 ein betrunkener Blackwater-Mann einen Leibwächter des irakischen Vizepräsidenten Adel Abdul Mahdi.

Der Söldner verlor zwar seinen Job, konnte aber ungehindert ausreisen und wurde auch in den USA bisher nicht angeklagt. Im Mai dieses Jahres kam es zu einer Schießerei zwischen Blackwater-Angestellten und Einheiten des Innenministeriums vor dem Ministeriumsgebäude in Bagdad, das erst durch das Eingreifen regulärer US-Truppen beendet wurde.

Rechtsfreier Raum

Die Dienstleister sind praktisch unkontrollierbar, weil sie in einem rechtsfreien Raum agieren. Die US-Übergangsverwaltung gewährte ihnen nach der Besetzung des Irak 2003 im "Dekret 17" Immunität. US-Außenamtssprecher Sean McCormack konnte auf Anfrage nicht beantworten, unter welches Rechtssystem nun eigentlich die Blackwater-Männer fallen.

Dies soll sich nun ändern: Mittlerweile sind Blackwater und Konsorten zum Gegenstand einer heftigen Debatte im US-Kongress geworden. Mehrere demokratische Abgeordnete wollen Söldner unter das Militärstrafrecht stellen und haben einen dementsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht, der derzeit im Militärausschuss des Senats diskutiert wird. (bed/derStandard.at, 19.9.2007)