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Das Finanzministerium überlegt eine Besteuerung der Internet-Glücksspiele im Ausmaß von 16 Prozent.

Foto: APA/dpa/Norbert Försterling
Nach zwei neuen Gerichtsurteilen, die dem heimischen Glücksspielmonopol EU-Widrigkeit attestieren, wächst der Reformdruck. Erste Entwürfe des Finanzministeriums sehen zudem eine neue Besteuerung vor.

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Wien – In Österreich bahnt sich eine Neuregelung des Glückspiels an. Nach zwei Gerichtsentscheidungen, in denen eine EU-Widrigkeit des Glücksspielmonopols unterstrichen wird, plant das Finanzministerium eine Novellierung, die einerseits eine leichte Öffnung des Marktes bewirken, andererseits eine höhere Besteuerung der Branche ermöglichen soll.

Konkret will der Fiskus, wie aus dem Ressort zu hören ist, eine einheitliche Besteuerung der Roherträge von 16 Prozent, wie dies beim Internet-Monopolisten win2day bereits der Fall ist. Dieser Abgabe unterzogen wären sowohl Spielhallen als auch Internet-Anbieter, wobei die Spieleinsätze minus den Gewinnauszahlungen als Basis für die Besteuerung herangezogen werden sollen. Laut einer Studie der Berater Kreutzer, Fischer & Partner beliefen sich die Roherträge auf 1,3 Mrd. Euro im Vorjahr.

Noch heiß umkämpft ist die Lockerung der Konzessionsvergabe. Ursprünglich sollte die Neuerrichtung großer Spielhallen erleichtert werden, wovon vor allem Novomatic profitieren würde. Nach einem Aufschrei der Casinos Austria ist dieser Punkt nun offen. Erwartet wird eine frühzeitige Neuausschreibung der zwölf Konzessionen für Spielbanken voraussichtlich im kommenden Jahr. Auch eine Aufstockung der Zahl der Kasinos ist angedacht.

EU-rechtswidrig

Auslöser der intensiven Beratungen im Finanzministerium sind die Bedenken der EU gegen das Glücksspielmonopol. Der Europäische Gerichtshof akzeptiert zwar Einschränkungen von Roulette, Poker und anderen Gambling-Aktivitäten, wenn diese der Eindämmung der Spielsucht oder krimineller Aktivitäten dienen; allerdings müssen derartige Restriktionen verhältnismäßig und nicht diskriminierend sein.

Auf Basis dieser Judikatur fällte das Oberlandesgericht Wien zwei Entscheidungen zugunsten privater Anbieter, in denen die EU-Konformität des österreichischen Glücksspielgesetzes in Abrede gestellt und der Marktauftritt von Firmen mit Konzessionen im EU-Ausland als zulässig erachtet wird. Kläger war in beiden Fällen die Gesellschaft Omnia, die auf ihrer Website www.zaster.com Quizspiele offeriert. Im Verfahren gegen den Platzhirschen Bwin hat Omnia den Rekurs zurückgezogen, womit die Entscheidung rechtskräftig ist.

Im zweiten Fall (2g81/07y) vom 5. September wurde ebenfalls zugunsten eines privaten Wettanbieters entschieden: Unter Berufung auf das wegweisende EuGH-Urteil Placanica meinen die Richter, "dass das Glücksspielmonopol und vor allem die Beschränkung auf eine Konzession für Ausspielungen (Lotterien, Anmerkung) bzw. auf zwölf Konzessionen für Spielbanken samt faktischer Limitierung auf einen einzigen Kommissionär (Casinos Austria, Anm.) mit dem (primären) Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang steht. Die Beschränkung der Konzessionsvergabe auf Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland verstößt zudem gegen das Diskriminierungsverbot", so das Urteil.

Diese Entscheidung scheint die Überlegungen im Finanzministerium nicht zu beeinflussen: "Das führt zu keiner Neubewertung", sagte ein Sprecher des Ressorts. Auch die Casinos sind der Ansicht, dass es sich um eine "Einzelmeinung des Richtersenats handelt, die EU-Kommission die Sachlage aber anders sieht", wie Unternehmenssprecher Martin Himmelbauer erläutert. Brüssel hat wegen der derzeitigen Rahmenbedingungen ein Verfahren gegen Österreich eingeleitet, dieses aber solang auf Eis gelegt, bis Wien die Rechtslage ändert.

Steuerpolitisch bereitet vor allem die Erfassung von Internet-Anbietern Kopfzerbrechen, da die Begleichung der Abgaben gegenüber ausländischen Online-Portalen schwer durchsetzbar sein dürfte. Als Ausweg tüfteln die Experten im Finanzministerium an einer Regelung, wonach zumindest die in Österreich registrierten Internet-Spiele subsidiär für die Steuerleistung haften. Bwin, Wettpunkt und andere Anbieter verfügen über Konzerngesellschaften mit Konzessionen in Malta, Gibraltar oder Großbritannien.

Während die Verhandlungen bereits in einem Entwurfstadium sind, wird nach außen hin gebremst. "Es gibt keine Einigung", erklärte die Sprecherin von SP-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter. Auch Finanzminister Wilhelm Molterer bremst, die genannten steuerlichen Maßnahmen seien "derzeit nicht spruchreif", so ein Sprecher. Bestätigt wird, dass im Herbst eine Änderung des Glückspielgesetzes auf die Tagesordnung komme, um den Bedenken der EU-Kommission Rechnung zu tragen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.09.2007)