"Drohung der äußeren Einmischung"
Bush sagte den Libanesen Unterstützung im Kampf gegen Syrien, Iran und ihre Verbündeten zu, die den Libanon destabilisieren und seine Souveränität untergraben wollten. Versuche, die Libanesen an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte bei der Wahl eines Präsidenten zu hindern, würden die USA nicht tolerieren, betonte Bush. US-Außenministerin Condoleezza Rice forderte in Jerusalem, die Wahlen im Libanon müssten ohne die "Drohung der äußeren Einmischung" und die damit einhergehende Gewalt stattfinden. Der Anschlag sei ein weiterer Akt einer "Terrorkampagne" mit dem Ziel, die Uhr im Libanon nach hart erkämpften demokratischen Fortschritten zurückzudrehen.
Auch UNO-Generalsekretär Ban zeigte sich schockiert über die Ermordung Ghanems. Der "terroristische Angriff" ziele auf die Destabilisierung Libanons. Ban rief alle Bürger des Landes zur Fortsetzung des Dialogs auf. Der libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora rief Ban auf, eine internationale Untersuchung des Anschlags einzuleiten. Der Parlamentarier ist seit der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Jahr 2005 bereits der achte anti-syrische Politiker, der einem Anschlag zum Opfer fällt.
Syrien weist Verwicklung zurück
Syrien wies jegliche Verwicklung in den Anschlag zurück, die Regierung in Damaskus sprach von einem "kriminellen Akt". Bei dem Autobombenanschlag in einem von Christen bewohnten Viertel der Hauptstadt Beirut waren neben dem Syrien-Kritiker Ghanem fünf weitere Menschen getötet und mehr als 50 verletzt worden.
Iran: "Zionistisches Komplott"
Die iranische Regierung hat Israel für den Mordanschlag auf Ghanem verantwortlich gemacht. Der "terroristische Akt" vom Mittwoch sei "das Ergebnis eines zionistischen Komplotts" zur weiteren Destabilisierung des Libanon, erklärte Außenamtssprecher Mohammad Ali Hosseini am Donnerstag in einem in Teheran veröffentlichten Kommuniqué. Mit der Ermordung des christlichen Parlamentsabgeordneten sollten offenkundig die laufenden Initiativen im Hinblick auf eine Konsenslösung bei der bevorstehenden libanesischen Präsidentenwahl torpediert werden.
Der iranische Sprecher bezog sich ausdrücklich auf die jüngsten Vorschläge des zur libanesischen Opposition gehörenden schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri. Auch die pro-iranische schiitische Hisbollah hat die Regierungsmehrheit zur Suche nach einem "unabhängigen" Konsenskandidaten für die Nachfolge des scheidenden Staatspräsidenten Émile Lahoud aufgefordert. Die Ermordung von Antoine Ghanem sei "die Frucht der Verschwörungen des zionistischen Regimes, das immer darauf aus war, die Souveränität, Unabhängigkeit, Sicherheit und Solidarität des libanesischen Volkes zu bedrohen", sagte Hosseini.
Erbitterter Machtkampf
Nach dem Tod Ghanems sind von den 127 Abgeordneten des Beiruter Parlaments nun noch 68 der anti-syrischen Mehrheit zuzurechnen. Die Delegierten müssen ab dem 25. September über den Nachfolger des pro-syrischen Staatschefs Emile Lahoud entscheiden, dessen Mandat am 24. November abläuft. Bereits seit Monaten liefern sich die pro-westliche Regierung Sinioras und die pro-syrische Opposition einen erbitterten Machtkampf.
Die Mehrheit der libanesischen Parlamentsabgeordneten machen die Regierung in Damaskus für den Anschlag verantwortlich. Der einflussreiche Drusenführer Walid Joumblatt sagte, Syrien wolle das Parlament von der Wahl eines demokratischen Präsidenten abhalten. "Das war ein Attentat, mit dem man versucht, die Zahl der anti-syrischen Abgeordneten im Parlament zu reduzieren und dadurch die Präsidentenwahl zu blockieren", sagte der Parlamentarier Antoine Sahra.
Proporzsystem
Nach dem libanesischen Proporzsystem darf nur ein maronitischer Christ das Präsidentenamt besetzen. Aus dem Siniora-Lager kandidieren die Präsidentenwitwe Naila Moawad, der Abgeordnete Butros Harb sowie der ehemalige Abgeordnete Nassib Lahoud, ein Cousin des amtierenden Präsidenten Emile Lahoud. Aus dem pro-syrischen Lager hat sich bisher erst der General Michel Aoun gemeldet.