Im Vorabend von ORF 1 wird es nicht bei den US-Serien bleiben. "Wir werden diese Zeitzone im kommenden Jahr um Unterhaltungs- und Dokuformate anreichern", sagt ORF-Programmdirektor Wolfgang Lorenz im APA-Interview. Ein eigenes Parallelprogramm zur "Zeit im Bild" ist dabei aber nicht geplant, ein neues "Mitten im Achten" nicht in Sicht: "Meine Lust, mit Fiktion gegen die ZiB anzusenden, ist deutlich gedämpft" und "die Ambition, viel Geld anzufassen und damit die ZiB zu doubeln, wird es so rasch nicht mehr geben", ist Lorenz überzeugt.

Das Programmansinnen dürfte demnach eher auf die Zeitzone von 18 bis 19.30 Uhr zielen. Lorenz' Abteilung ist derzeit intensiv mit der Entwicklung und Pilotierung neuer Formate beschäftigt, die künftig den Vorabend auf ORF 1 füllen sollen. "Es kann nicht dabei bleiben, dass da nur US-Serien Stoß auf Stoß laufen. Dokusoaps, Quiz- und Gameshows sind bereits in Arbeit."

"Frische, kleine Formate"

Im Gegensatz zu den fulminanten Vorankündigungen bei "Mitten im Achten", hält man den Ball diesmal aber flach: "Das werden keine Jahrhundertentscheidungen. Wir planen frische, kleine Formate, wo man junge Leute ausprobieren und Nachwuchs fördern kann. Wenn es läuft, wird es fortgesetzt, wenn nicht - dann eben nicht." Man wolle "nicht so prätenziös" sein und "keine Ewigkeitsansprüche" erheben. "Hätten wir das bei MiA auch gemacht und es vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt z.B. um 18.30 Uhr ausgestrahlt, wäre das Programm noch auf Sendung", ist Lorenz überzeugt.

Überzeugt ist der ORF-Programmdirektor auch vom angepeilten Mix aus Bewährtem und Neuem. "Unser Publikum erwartet von uns Standards und Überraschungen. Beides bieten wir mit neuen Shows- und Comedyformaten, viel Film und Serie in rot-weiß-rot, dem Besten an internationalen Filmen und US-Serien und hochkarätiger Kultur."

Ob es für das Jugendmagazin "szene" eine Zukunft gibt, ist laut Programmdirektor eine "rein kommerzielle Entscheidung". "szene" habe sich zwar inhaltlich gut entwickelt, sei aber kein Garant für den Audience Flow zur ZiB 20. "Manchmal funktioniert es gut, manchmal überhaupt nicht", so Lorenz, der einräumt, auf die Kreation des Formates "nicht besonders stolz" zu sein.

In Summe ist der ORF derzeit damit beschäftigt, angesichts der empfindlichen Zusehereinbußen in Folge der Digitalisierung, die Sendertreue zu erhöhen und laufend am Programm zu feilen. Die zweite und dritte Phase der Programmreform, die ursprünglich für 10. September und 10. Jänner 2008 vorgesehen waren, sind "fließend angelegt". "Wir können ja nicht jedes Jahr einen Programm-Erdrutsch bringen. Schon allein deshalb, weil das Programm funktioniert", meinte Lorenz.

"Tsunami" Digitalisierung

Trotz Quoteneinbrüchen glaubt er, dass der ORF "mit aller aller aller größter Mühe" den angepeilten durchschnittlichen Jahresmarktanteil von 41 Prozent schaffen wird. Für die Zukunft ist er aber überzeugt, "dass wir uns mit anderen Benchmarks auseinandersetzen müssen". Eine Teilschuld an der Marktanteilssituation des ORF ortet er bei der ehemaligen Geschäftsführung, die die Auswirkungen der Digitalisierung "schlicht und einfach unterschätzt" habe. "Das ist schon ein Tsunami. Das haben wir zu wenig bedacht und nicht mit der Verunsicherung des Publikums gerechnet."

Das will Ex-ORF-Generaldirektorin Monika Lindner so nicht stehen lassen. "Das Publikum würde dem ORF treu bleiben, wenn es mit dem Programm zufrieden wäre". Die Zuseher hätten - unabhängig von der Digitalisierung - schon seit langem eine große Auswahl an Programmen gehabt und hätten dem ORF trotzdem die Treue gehalten. Auch wenn derzeit viele Österreicher von der Hausantenne vor allem auf digitalen Satellitenempfang umsteigen und dadurch noch mehr Sender zur Verfügung haben, "würden sie davon weniger Gebrauch machen, wenn sie rundum zufrieden und weniger grantig" wären, sagte Lindner. Es sei Lorenz außerdem auch unter ihrer Führung "unbenommen gewesen, entsprechende Maßnahmen im Hinblick auf die Digitalisierung anzuraten", so die ehemalige ORF-Chefin über die Kritik im Nachhinein. (APA)