Wien/Brüssel – Die landwirtschaftlichen Förderungen, die angesichts der hohen Preise für Agrarprodukte überflüssig geworden sind, sollen über Bord geworfen werden. Im November will Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel ein Papier vorstellen, das im Rahmen des seit Frühjahr durchgeführten "Gesundheits-Checks" der EU-Agrarsubventionen Reformen vorschlägt.

Sang- und klanglos will man sich dabei vom Interventionssystem bei Getreide (Ausnahme: Weizen) verabschieden. Dieses Instrument hatte die Aufgabe, Aufkäufe und Lagerung von Überschussproduktion durchzuführen und die Preise damit innerhalb Europas auf einem künstlich hohen Niveau zu halten. Angesichts niedriger Bestände und hoher Weltmarktpreise wird dies als nicht mehr notwendig angesehen. Außerdem gilt der Vorschlag als Vorwärtsoffensive, das Agrarsystem zu entschlacken. Denn die Stimmen, die spätestens ab dem EU-Budget 2013 weniger Landwirtschaftsgelder fordern, werden angesichts der Hausse bei Agrarprodukten lauter.

Ebenfalls auf dem Prüfstand stehen die Exportstützungen von Agrarausgaben, die im Jahr 2005 immerhin 5,9 Prozent des mit fast 53 Mrd. Euro dotierten EU-Agrarbudgets ausmachten. Erstens, weil auch ohne Exporterstattung hohe Preise zu erzielen sind, und zweitens, weil sich die EU im Rahmen der Gespräche mit der Welthandelsorganisation WTO auf ein Auslaufen dieses Instruments verständigt hat.

Keine "g'mahte Wiese"

Andere Vorschläge des "Gesundheits-Checks", der ursprünglich die Aufgabe hatte, lediglich eine Halbzeitbewertung der seit dem Jahr 2005 wirksamen Agrarreform durchzuführen, sind weniger eine "g'mahte Wiesn": Überlegt wird nämlich, ob der größte Teil der EU-Mittelverwendung, die Direktzahlungen (2005: 64,8 Prozent der Mittel), zusammengestrichen werden – auch dies wurde im Rahmen der WTO gefordert. Anstatt von Direktzahlungen könnte eine Art Grundsicherung für Bauern installiert werden, mit Ober- und Untergrenzen. Fischer Boel will damit auch gegen die hohen Zahlungen für Großbauern vorgehen. Unter dem Stichwort "Entkoppelung" würde das System damit außerdem vereinfacht, heißt es. Im Klartext: Der Bauer bekommt eine Zahlung und muss den Nachweis für eine bestimmte Produktion nicht mehr erbringen.

Ob die bei den Direktzahlungen dann frei werdenden Mittel in "Entwicklung des ländlichen Raumes" verschoben werden – darüber ist bereits eine heiße Diskussion entbrannt. Mitglieder wie Großbritannien machen sich dafür stark, innerhalb des EU-Budgets und spätestens mit dem nächsten Haushalt ab 2013 weniger Mittel für Landwirtschaft und mehr für Forschung aufzustellen.

Österreichische Agrarier gehen die Diskussion relativ entspannt. Mehrheitlich kommen die heimischen EU-Mittel aus dem Topf "Ländliche Entwicklung" und dieses Instrument dürfte keiner oder im Vergleich zu den Direktzahlungen geringfügigen Reform unterzogen werden. (ruz, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.9.2007)