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Paul Marchal, der Vater der von Marc Dutroux ermordeten An

Foto: Getty Images/Mark Renders
Zwölf Jahre ist es her, dass der damals schon als Kinderschänder vorbestrafte Marc Dutroux Paul Marchals Tochter An und deren Freundin Eefje in der Nähe von Oostende in seine Gewalt brachte. Erst neun Jahre später, im Juni 2004, wurde das "Monster von Belgien" wegen der Entführung und des Mords an sechs Mädchen zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Jahr nach ihrem Verschwinden wurden die Leichen von An und Eefje gefunden.

Paul Marchal hatte sich wenige Tage nach dem Verschwinden seiner ältesten Tochter an die Medien gewandt, weil er den Eindruck hatte, dass die Anstrengungen der Behörden zu wünschen übrig ließen. Die belgischen Behörden hatten erst vierzehn Tage nach dem Verschwinden von An und Eefje Untersuchungen eingeleitet.

"Ich habe damals sehr bewusst die Medien eingeschaltet, weil mich die Polizei nicht ernst genommen hat", sagte Marchal vergangenen Sonntag in einem Interview mit dem flämischen Radio2. Weil sich die Behörden geweigert hatten, ließ Marchal selbst Poster mit dem Foto seiner vermissten Tochter drucken. "Das ist heute zum Glück anders", sagt Marchal.

Verständnis für Maddies Eltern Marchal hat Verständnis für die Medienoffensive der Eltern von Madeleine McCann: "Wenn man ein Kind verloren hat, denkt man nicht nach, da macht man Fehler", sagt er. Auch wenn sich Marchal zum Fall McCann selbst nicht äußerst, fürchtet er doch um die Konsequenzen, sollten die Eltern van Madeleine für den Tod ihrer Tochter verantwortlich sein. "Das wäre eine enorme Belastung für alle zukünftigen Entführungsfälle."

Marchal wurde Mitte der Neunzigerjahre zum Anführer einer Protestbewegung gegen das Versagen der belgischen Polizei, der es jahrlang nicht gelungen war, das Pädophilennetz rund um Marc Dutroux aufzudecken. Rund 300.000 Menschen protestierten im Oktober 1996 unter dem Slogan "Ich schäme mich, Belgier zu sein" auf den Straßen von Brüssel. Paul Marchal wurde zum Medienstar, die Regierung und die Justiz in Belgien kamen zunehmend unter Druck. Unter dem Eindruck der massiven Sympathie seiner Landsleute beschloss Marchal 1999, an den Parlamentswahlen teilzunehmen. Marchal scheiterte kläglich, die Sympathie der Belgier schlug um in Kritik.

Marchal leitet heute das "Haus von An", eine karitative Einrichtung zugunsten missbrauchter Kinder und deren Angehöriger. Über Marc Dutroux sagt er, dass er nicht frei sei von Rachegefühlen. "Aber ich versuche immer, eine Balance zu finden zwischen solchen Gefühlen und dem gesunden Menschenverstand." (Barbara Hoheneder/DER STANDARD – Printausgabe, 22./23.9.2007)