Während der Arbeiten zu seinem Bestandskatalog erwarb Batliner Augusto Giacomettis "Friede". Ein Kontrahent trieb ihn im Auktionssaal bei Kornfeld (Zürich) bis zu rund 844.000.

Foto: Albertina

Heinrich Campendonks Gouache "Pferde am See"erwarb Batliner im Februar 2005 bei Christies um 466.500 Euro.

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Picassos "Stillleben mit Gitarre" kam über die Galerie Beyeler in den Besitz des Sammlers Herbert Batliner.

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So ihn ein Kunstwerk lockt, trifft man ihn aber auch im Auktionssaal.
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Paris, Rue Faubourg St-Honoré, Anfang der 60er-Jahre: In der Galerie Alex Maguy hat Herbert Batliner ein Kunstwerk ins Auge gefasst. Es ist eine Büste von Alberto Giacometti. Etwa eine halbe Stunde dauerten die Verhandlungen, da sich seine Preisvorstellungen von derjenigen des Galeristen um ein Drittel unterscheiden. Letztlich bekam der mittlerweile pensionierte Finanztreuhänder aus Liechtenstein den Giacometti zu seinen Konditionen.

Ob diese viel zitierte Anekdote beispielhaft für die noch folgenden Erwerbungen steht, wissen lediglich der Sammler und die im Laufe der folgenden Jahrzehnte frequentierten Kunsthandlungen. Es blieb nicht der einzige Geschäftsabschluss mit Alex Maguy, wie der 2005 im Christian Brandstätter Verlag (Wien) publizierte Bestandskatalog dokumentiert.

Wegbegleiter Auge

In der aktuellen Präsentation (Monet bis Picasso. Die Sammlung Batliner) haben derer sieben Kunstwerke diese Provenienz. Die für die Sammelleidenschaft viel strapazierte Metapher des Jagens empfindet Batliner, selbst Jäger, nur bedingt angemessen. Dieses Bild erfasse nur den Augenblick der Erwerbung, nicht den eigentlichen Gewinn dieser Leidenschaft, den intellektuellen und sinnlichen Mehrwert, die emotionale Bereicherung.

Stets habe ihn die Sehnsucht nach Nachhaltigkeit verführt, nie der oberflächliche Kick. Der ideale Zeitpunkt spielte niemals eine Rolle, Batliner vermehrte seine Kollektion ungeachtet jeder Marktentwicklung. Mehrheitlich schlug er in Galerien zu, bisweilen auch in Auktionssälen.

"Ich habe nie nach dem Künstler und seiner Autorität eingekauft", bloggt er im Webauftritt seiner Foundation, "mein Wegbegleiter war immer mein eigenes Auge". Ein einziges Mal fiel die Kaufentscheidung in einem Künstleratelier, das war für Max Weilers Winternacht aus dem Jahr 1955. Auch Ankäufe aus Privatsammlungen sind selten, im aktuellen Katalog zur Ausstellung viermal verzeichnet. 115 der in der Albertina gezeigten Schätze erwarb er in Galerien, 34 davon bei Ernst Beyeler (Basel), 32 bei Kristina Gmurzynska (Köln/Zug) und neun in österreichischen.

Academia und Welz sind hier zu nennen, der Kunsthändler Martin Suppan (Oskar Kokoschka, Im Garten von 1934) und vor allem Thomas Salis. Die westösterreichische Orientierung ergab sich auch durch den Zweitwohnsitz in Salzburg.

"Die erste Begegnung mit Batliner", so Thomas Salis, "fand während einer Art Basel statt". So ihn die Erinnerung nicht trügt, war es ein Hauptwerk André Lanskoys, mit dem Herbert Batliner sein Kaufdebüt gab. Pelouse rouge (Roter Rasen) aus dem Jahr 1956 ist derzeit nicht in der Albertina zu sehen, dafür Cuno Amiet (Der Hausbau) oder Theo van Rysselberghe (Sitzender Akt).

Besondere Vorkommnisse hat der Galerist nicht in Erinnerung, "ein besonders liebenswerter, gebildeter und angenehmer Mensch", streut Salis Rosen, "ich wäre glücklich, wenn es mehrere solcher Kunden gäbe". Auch Thaddäus Ropac hütet ihn in der Kundenkartei, in der Albertina sind die von ihm weitergereichten Arbeiten derzeit nicht ausgestellt.

Mit einem geschätzten Privatvermögen von 200 bis 300 Millionen Franken, verfügt der fürstliche Kommerzienrat über ein sattes Einkaufsbudget und kann durchaus als Liebkind des Kunstmarktes bezeichnet werden.

Die Motivation zu Sammeln habe sich in den letzten Jahren verschoben, "nicht zum Besseren", merkt er angesichts exorbitanter Preissteigerungen an. "Spekulanten haben Kunst als eine attraktive Möglichkeit der Geldanlage entdeckt. Die Werke als solche sind ihnen gar nicht wichtig", so Herbert Batliner.

Äußere Wertvermehrung ist ihm fremd, innere Wertbeständigkeit wichtig. Bis heute hat Batliner, laut eigenen Angaben, kein einziges seiner Kunstwerke wieder verkauft. Trotz interessanter Angebote, etwa von Kornfeld. Ebendort, in einem Auktionssaal, fand 1959 der allererste Kunstwerber statt. Wie viel Batliner für Toulouse-Lautrecs Gemälde Weißes Pferd damals berappte ist nicht bekannt, wie unzählige seiner Gebote fällt auch dieses in eine Zeit vor elektronischer Datenerfassung einschlägiger Kunstpreisdatenbanken.

Zu den jüngeren Erwerbungen gehören Heinrich Campendonks Pferde am See bei Christie's im Februar 2005. Die Gouache aus dem Jahr 1915 war Herbert Batliner 320.000 Pfund, umgerechnet etwas mehr als 466.000 Euro wert.

Keine sechs Monate später war ihm Augusto Giacomettis Friede bei Kornfeld mehr als 844.000 Euro wert. Ein knappes Jahr später holte er sich bei Sotheby's in New York für knapp 594.000 Euro einen Henri Lebasque (Auf der grünen Bank, 1911).

Liegt die magische Grenze bei siebenstelligen Summen? Man weiß es nicht, in einem Auktionssaal wurde seine Leidenschaft bislang nur ein mal in dieser Größenordnung ausgereizt: Bei der Versteigerung der legendären Sammlung Seeger durfte er Pablo Picassos Nature morte à la guitare (1942) erst für die stolze Summe von umgerechnet knapp 1,17 Millionen Euro sein Eigen nennen.

Ein Trostpflaster auch angesichts verpasster, noch heute schmerzender Gelegenheiten. Bei Otto Müllers Die Badenden - das Großformat wechselte in die deutsche Sammlung Schäfer - war Herbert Batliner ebenso gerade knapp bei Kasse, wie für von Beyeler angebotenes Pendant zu "seinen" Nympheéas von Monet. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/Printausgabe, 21.07.2007)