STANDARD: In wenigen Tagen geht das neue Semester los. Das Thema Zugangsbeschränkungen ist also wieder akut. Wie steht die ÖH dazu?
Schindler: In allen Studienrichtungen - auch an der Medizin - braucht es einfach mehr Geld. Am allerdringendsten ist aber, dass die Regierung endlich Farbe bekennt und sagt, was in Sachen Zugangsbeschränkungen wirklich los ist. Die angehenden Studierenden sollen wissen, womit sie zu rechnen haben.
Czaby: Die Zugangsbeschränkungen laufen aus, und niemand weiß, wie das weitergehen soll. Es ist aber zu hören, dass Wissenschaftsminister Hahn Nachfolge-Regelungen anstrebt. Wir fordern den Minister jedenfalls auf, die Zugangsbeschränkungen auslaufen zu lassen.
Brandl: Außer vielleicht an der Medizin ist die Abschaffung der Zugangsbeschränkungen auf jeden Fall möglich.
STANDARD: Ist der freie Hochschulzugang eine Geldfrage?
Schindler: Er ist vor allem eine Frage von politischem Willen. Mir fehlt das politische Bekenntnis, dass jemand sagt: Uns ist Bildung etwas wert.
Brandl: Besonders an der Medizin gibt es strukturelle Probleme, die man nicht von einem Tag auf den anderen lösen kann. Daher müssen die finanziellen Mittel dringend aufgestockt werden.
STANDARD: Ist es für Studierende nicht ein Vorteil, nicht mit 1500 Studenten ein Studium zu beginnen?
Schindler: Es geht ja nicht um die Anzahl der Studierenden, sondern um das Betreuungsverhältnis. Natürlich ist es für Studierende angenehmer, mit 30 Leuten in einem Raum zu sitzen als mit 500. Aber es ist ja nicht gesagt, dass, nur weil es eine große Anzahl von Studienanfängern gibt, man die alle in einem Raum zusammenpferchen muss.
STANDARD: Viele Experten meinen, man muss schon in den Schulen ansetzen, um junge Menschen von Massenstudien fernzuhalten. Was will die ÖH in diese Richtung tun?
Brandl: Die Beratung ist der letzte Schritt vor dem Studium, hier sollte die ÖH eine starke Rolle einnehmen. Wir versuchen dahingehend zu beraten, dass die Erwartungshaltung der angehenden Studierenden zu den Bedingungen passt, die sie dann tatsächlich vorfinden.
Schindler: Das klafft derzeit ganz weit auseinander: Was stelle ich mir unter meinem Studium vor, und was finde ich an meiner Universität vor? Die Bundesvertretung fährt an die Schulen und erzählt, wie das universitäre Leben funktioniert, und vor allem, welche administrativen Hürden es hier und dort gibt.
Brandl: Spätestens zu Beginn der Oberstufe muss angesetzt werden, dass man die Leute über die unterschiedlichen Fächer ganz breit informiert.
STANDARD: Wollen deswegen alle dasselbe studieren, weil sie nicht wissen, was es für Möglichkeiten gibt?
Schindler: Bestimmt. Es gibt einige Studien, die angreifbarer wirken, wo man sich vorstellen kann, was man nachher damit macht - was teilweise überhaupt nicht eintritt. Die kleineren Studienrichtungen sind oft unbekannt.
STANDARD: Was haben Sie sich für Ihr erstes Semester als ÖH-Vorsitzteam vorgenommen?
Brandl: Ein großer interner Punkt ist die Kooperation mit den Universitätsvertretungen. Das funktioniert sehr gut, damit können wir die gemeinsamen Projekte gut planen. Schindler: Wir wollen auch eine arbeitsrechtliche Beratung starten. Studierende, die arbeiten müssen, sind sich oft nicht bewusst, in welchen Dienstverträgen sie stecken.
STANDARD: Vollzeit-Studenten sind mittlerweile in der Minderheit. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Schindler: Dass so viele Studierende nebenher arbeiten müssen, ist auf jeden Fall schlecht. Wir haben eine hohe Abbruchquote in Österreich, und das führen wir zu einem großen Teil darauf zurück, dass die meisten Leute arbeiten müssen. Die Auseinandersetzung mit dem Studium leidet einfach darunter.
Czaby: Die meisten Studierenden sind prekär beschäftigt und arbeiten in Billigjobs in der Gastronomie oder in Callcentern. Mit Berufspraxis hat das nichts zu tun.