Wien - "Wir wollen bessere Entscheidungsgrundlagen für die Richter schaffen." Das nannte Justizministerin Maria Berger (S) am Montag im APA-Gespräch als eine der wesentlichsten Intentionen des von ihr zur Begutachtung ausgeschickten Reformpakets zur bedingten Haftentlastung. "Wir müssen generell Rückfälle vermeiden", sagte die Ministerin.

Berger bekannte sich dazu, Straftäter in der Regel früher, aber betreut zu entlassen und sie auf das Leben "draußen" vorzubereiten, anstatt sie die gesamte Strafe verbüßen und dann sehr unvermittelt zu entlassen. Die Gefahr, dass solche Täter sehr schnell wieder zu ihren alten Bezugspersonen Kontakt aufnehmen und so rückfällig werden, sei sehr groß. Im Zentrum dieser Betreuung stehen Therapie und Bewährungshilfe.

Laienrichter zusätzlich

Das Paket setzt bei der Zusammensetzung der Vollzugsgerichte an: Zu den bisherigen zwei Berufsrichtern soll ein qualifizierter Laienrichter dazu kommen. Diese sollen außerdem Zugriff auf alle notwendigen Gutachten erhalten, um eine möglichst fundierte Entscheidungsgrundlage zu bekommen.

Im Fall von Sexualstraftätern, die laut Berger "auch jetzt schon nur begleiteten Ausgang erhalten", soll die Begutachtungs- und Evaluierungs-Stelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) eine Prognose abgeben. Diese Stelle soll "gestärkt werden", kündigte die Justizministerin an. In diesem Bereich will Berger das Therapieangebot, das von den Tätern gut angenommen wird, ausbauen. "Therapie funktioniert ja nur auf freiwilliger Basis", betonte die Ressortchefin.

Einen neuen Anlauf wird es bei den bereits unter Bergers Vorgängerin Karin Gastinger (B) getesteten Fußfesseln geben. "Der ursprüngliche Versuch wurde mit einer sehr sensiblen Satellitentechnik durchgeführt", sagte die Justizministerin. Das sorgte laut der Tageszeitung "Die Presse" (Montagausgabe) für zahlreiche Fehlalarme. Mit Festnetztechnik soll nun eine funktionellere Variante zum Einsatz kommen.

Schweiz als Modell

Berger: "Wenn jemand bei seiner Mutter untergebracht ist, könnte er zum Beispiel zwei Stunden Ausgang für die Arbeitssuche erhalten, und müsste nach dieser Frist wieder zu Hause sein. Wenn er das nicht tut, dann gibt es bereits einen Alarm." Das System sei im übrigen in der Schweiz in Verwendung, "und dort funktioniert es".

Heftige Kritik kam am Montag erwartungsgemäß von BZÖ-Chef Peter Westenthaler: "Die heute vorliegenden umfangreichen Haftentlassungspläne von SPÖ-Justizministerin Berger sind wenige Tage nach dem sexuellen Missbrauch eines sechsjährigen Mädchens durch einen Sexualstraftäter auf Freigang eine Geschmacklosigkeit der Sonderklasse", sagte er in einer Aussendung. Westenthaler forderte die Anhebung der Mindeststrafen bei Sexualdelikten "auf mindestens zehn Jahre, bei schwerer Körperverletzung auf 15 bis 20 Jahre und bei Todesfolge auf jeden Fall auf lebenslänglich". Außerdem verlangte er "eine massive Strafverschärfung sowie die Schaffung neuer Haftplätze durch den Umbau von geeigneten leerstehenden Kasernen in Strafvollzugsanstalten".

Schritt in richtige Richtung

Zustimmung kam hingegen vom Grünen Justizsprecher Albert Steinhauser, der das Paket als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete. Kritisch werde aber eine geplante Mitwirkung von privaten Sicherheitsfirmen bei der elektronischen Überwachung gesehen. "Eine Auslagerung von Sicherheitsaufgaben an private Sicherheitsdienste ist absolut inakzeptabel", sagte Steinhauser. Er kritisierte außerdem "fehlende Maßnahmen im Haftentlastungspaket bezüglich Untersuchungshäftlingen".(APA)