Wien - Auf eines der gewichtigen Standbeine und die historische Stammkundschaft der Bawag, seit Mai im Besitz des amerikanischen Fonds Cerberus, hat es nun die Konkurrenz am Wiener Platz abgesehen. Damit verbunden ist auch eines der ersten groß angelegten Gemeinschaftsprojekte der beiden börsenotierten Finanzkonzerne Erste Bank und Wiener Städtische im Inland. Ein 50:50-Vertriebs-Joint Venture von Bank und Versicherung ist dazu bereits gegründet. Auch das dreiköpfige Management dafür steht schon.

Ziel, inoffiziell: Den ÖGB, dessen Betriebsräte seit Jahrzehnten Privatkreditgeschäfte und Spareinlagengeschäft der Bawag verlässlich angeheizt hatten, auf die "andere" Seite zu bringen. Es geht um das Geschäft mit Betriebsratskrediten und mit den ÖGB-nahen Sparvereinen. Bisher eine Domäne der Bawag. Die Bawag verwaltet satte Sparvereins-Summen. Einen sukzessiven Abfluss dieser Gelder hatte die Bank im Vorfeld des heurigen Einstiegs der Amerikaner über neue Vereinbarungen mit der Gewerkschaft nach Kräften verhindern wollen.

Bestätigung

Dass man dabei ist, der früheren Gewerkschaftsbank Spar-und Kreditgeschäft mit Betriebsräten in den Firmen abzujagen, wurde am Montag Nachmittag von den neuen Joint Venture-Partnern bestätigt.

Die Erste Bank und die Wiener Städtische seien dabei, sich der Zielgruppe der Arbeitnehmer in Unternehmen verstärkt zu widmen, mit dem Ziel, bestmögliche Bank- und Versicherungsprodukte aus österreichischer Hand zu bieten, sagte der Generaldirektor der Wiener Städtischen, Günter Geyer, am Montag.

"Wir bestätigen, es gibt die 'Finanzpartner GmbH', mit der wir in Kooperation mit der Wiener Städtischen Versicherung diesen Markt bearbeiten wollen", sagte Erste-Bank-Sprecher Michael Mauritz. Wann die neue Gesellschaft operativ wird und Details des Marktauftritts wurden noch nicht erläutert.

Ende der 60er Jahre hatte die BAWAG mit Klassikern wie dem "BZK-Kredit" (Barzustellungskredit) einer breiten Masse von Arbeitnehmern leichteren Zugang zu Krediten verschafft, das galt Jahrzehnte lang als Pionierarbeit im Massenkreditgeschäft. Kurz vor Ausbruch der vorjährigen Krise um die BAWAG war auch der erste "Export" von BAWAG-Stammprodukten wie eben der "Betriebsratskredite" in die Osteuropa-Töchter in Angriff genommen worden.

In Österreich gibt es mehrere tausend Sparvereine. Vom Bawag P.S.K. Betriebsservice geführt wird der "Verband Österreichischer Sparvereine". Beworben wurden die Angebote der Sparvereine von der Bawag selbst traditionell immer mit attraktiver Verzinsung ohne Bindung und vor allem mit bequemer Einzahlung direkt am Arbeitsplatz oder mittels Dauerauftrags. Auch Mini-Beträge können eingezahlt werden.

Stillschweigen zu den Summen

Um welche Milliardensummen es da bei der Bawag geht, will die Bank nach außen nicht beziffern. Dem Vernehmen nach machen etwa die Betriebsratskredite bisher 15 Prozent vom Neugeschäft bei Privatkrediten aus, "Es ist eine sehr aktive Schiene im Neugeschäft", bestätigt Thomas Heimhofer, Sprecher von Bawag-Chef Ewald Nowtony, nur. Auf genau diese aktive Schiene hat es nun der Mitbewerb abgesehen. "Wir fürchten aber keine Konkurrenz", beteuert die Bawag. "Wir sehen das gelassen".

Erstens gebe es mit dem ÖGB genau zu diesen Geschäftsteilen seit Juni 2007 einen neuen Vertrag, der eine "enge Kooperation" vorsehe. Mit dem Dokument sei nach dem "Cerberus-Closing" die weitere Partnerschaft von ÖGB und Bawag festgelegt worden. Und zweitens gebe es eine "jahrzehntelange vertrauensvolle Verbindung", die mit Arbeitnehmern und Gewerkschaftsfunktionären aufgebaut worden sei. "Es gab schon viele, die in dieses Geschäft reinwollten oder auch einstiegen." Mitbewerber habe man viele, "aber es gab keine ernstzunehmende Konkurrenz". Lockvogelangebote seien Sache der Bawag nicht. In der Branche wird ein Konditionen-Kampf erwartet, bei Krediten wie Einlagen.

Die Bawag glaubt nicht, dass die "Aktion" von Erste Bank/Städtischer - die für die konzertierte Bearbeitung der bisher typischen Bawag-Stammklientel abseits öffentlicher Diskussionen ein weit gediehenes Gemeinschaftsunternehmen aufbauten - eine solche ernsthafte Konkurrenz sein kann. Inoffiziell soll es aber schon heftige Debatten gegeben haben.

Wechsel-Bereitschaft

Angeblich gelten viele der rund 12.000 Betriebsräte, mit denen die Bawag beim BZK-Kredit in Österreich zusammenarbeitet, seit dem Verkauf "ihrer" Gewerkschaftsbank an die Amerikaner als wechselwillig. Auch weite Teile des ÖGB sollen sich - trotz Kooperationsvereinbarungen mit der Bawag- langsam aber sicher von der BAWAG unter US-Herrschaft loseisen wollen. Nun soll dies schneller gehen, wie in Finanzkreisen verlautet.

Vom ÖGB wurden offiziell alle Spekulationen dementiert, wonach die Gewerkschaft einen Wechsel von Gewerkschaftsfunktionären mit Spargeld und Kreditverträgen von der Bawag zur Konkurrenz unterstützt: "Für uns gilt der Kooperationsvertrag, den werden wir erfüllen. Aber knebeln und zwingen können wir keinen Betriebsrat", meinte eine ÖGB-Sprecherin.

Dass die Bawag-Konkurrenten stärker auch in dieses Feld vorstoßen wollen, wundert in Gewerkschafts- und Finanzkreisen nicht. Das kommt nach dem Verkauf an Cerberus auch nicht überraschend. "Wir können es nicht verhindern, dass wer anderer ein Unternehmen dafür aufbaut", erklärte die ÖGB-Sprecherin, "weder fördern noch verhindern".

"Gute Konditionen"

Die Bawag sei Hausbank des ÖGB. "Derzeit haben wir sehr gute Konditionen". Der exklusive Kooperationsvertrag ÖGB/Bawag betreffe alle Geschäfte, die die Bank direkt mit dem Gewerkschaftsbund abwickle.

Andere Banken galten an dem mit den Betriebsrats-Aktivitäten verbundenen "Stammgeschäft" der fünftgrößten Bank im Lande seit längerem interessiert. Auch die Bank Austria soll hier schon einmal einen Vorstoß unternommen haben. Dass die "schwarze" Erste Bank mit ihren Sparkassen die "rote" Städtische an Bord hat dafür, soll den Kulturen-Wechsel erleichtern, heißt es in der Branche weiter. Auch Assekuranz-Produkte sollen über die neue Gemeinschaftsgesellschaft von Erster und Städtischer vertrieben werden.

Die Finanzpartner GmbH mit Sitz am Wiener Graben wird drei Geschäftsführer haben: Sascha Bock kommt von der Wiener Städtischen, Helmut Petz und Hanspeter Nimmerrichter von der Erste Bank. Nimmerrichter ist erst mit September 2007 zur Erste Bank gewechselt. Vorher war er seit 2001 Leiter des Bawag P.S.K. Betriebsservice gewesen. (APA)