"Österreich zuerst!" Wer am Linzer Hauptbahnhof ankommt, wird unweigerlich an den Wahlspruch der FP erinnert. Doch nicht die Partei wird auf großen Transparenten beworben, sondern ein Zeitungsprojekt, das seit gut einem Jahr die oberösterreichische Medienszene gewaltig aufwirbelt: Die Tageszeitung "Österreich" aus dem Hause Fellner.

Denn in Linz hat das Blatt seine größte Regionalredaktion (19 Leute) sitzen und dementsprechend heiß wird das jüngste Gerücht gerade diskutiert - dass nämlich aus Kostengründen bald schon wieder Schluss sein soll mit dem Fellner'schen Engagement im Land ob der Enns. Von derlei Wunschdenken der Konkurrenz könne jedoch keine Rede sein, sagt Oberösterreichs "Österreich"-Chefredakteur Gerhard Marschall auf Anfrage des STANDARD: "Wir sind da und wir bleiben auch da."

Dass das Boulevardblatt ausgerechnet in Oberösterreich so groß gestartet ist, hat mehrere Gründe. Das Land ist nicht nur wirtschaftlich stark, was das Akquirieren von Anzeigen leichter macht. Zudem ist der Zentralraum (bestehend aus Linz, Wels und Steyr) stark besiedelt und auf dem Vertriebsweg besser zu erreichen als entlegene Gebirgstäler. Ein weiterer Pluspunkt: Die Nähe zur Druckerei der Verlagsgruppe Passau.

Zwei Platzhirsche

Und außerdem zeigt ein Blick auf die Media-Analyse, dass es noch Leserpotenzial gibt. Zwar weist die Media-Analyse für 2006 für die "Kronen Zeitung" erkleckliche 44,6 Prozent aus wie sie auch in anderen Bundesländern zu finden sind. Doch der zweite Platzhirsch auf dem Tageszeitungsmarkt, die "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN), kommen nur auf 30,9 Prozent - während etwa in Salzburg auf die "Salzburger Nachrichten" 38,3 und auf die "Kleine Zeitung" in der Steiermark 52 Prozent Reichweite entfallen. Mit Interesse verfolgt die Konkurrenz daher, wie "Österreich" nach dem Start wieder schrumpfte. Es gibt weniger oberösterreichische Lokalseiten, das Team verkleinerte sich von 23 auf 19 Leute.

Neue Gratiszeitungen

"Oberösterreich ist nach Wien sicher der am härtesten umkämpfte Zeitungsmarkt, das Klima in der Medienszene ist extrem angespannt, überall herrscht Nervosität", beschreibt Josef Ertl, Chefredakteur der Wochenzeitung "Rundschau", die Stimmung - zumal um tägliche Leser seit dem vorigen Sommer auch noch zwei neue Gratiszeitungen buhlen. Neben Eva Dichands Import aus der Wiener U-Bahn "Heute" drängt auch die "Neue" von Rudolf Cuturi, der auch Herausgeber der "Oberösterreichischen Nachrichten" ist, in den Zentralraum.

Die neue Konkurrenz hat auch die alteingesessenen Medien nicht schlafen lassen. Die "Rundschau" mit ihren 13 Regionalausgaben gibt es seit Juli im neuen Kleid, welches der aus Klagenfurt stammende Zeitungsdesigner Lukas Kircher gestaltete. Und die "OÖN" haben sich mit ihrer Lokalbeilage "Land & Leute" noch tiefer in die Regionalisierung gekniet. Dem Hauptblatt liegt als "Zeitung in der Zeitung" täglich ein Lokalteil (es gibt sechs Mutationen) mit Informationen aus den Bezirken bei. "Wir haben von Fellners Projekt sogar profitiert", sagt Chefredakteur Gerald Mandlbauer, "denn 'Österreich' konnte nicht Fuß fassen, durch unser Haus aber ist ein Ruck gegangen." (Birgit Baumann/DER STANDARD; Printausgabe, 25.9. 2007)