Wien - Vor knapp zwei Wochen, nach der Verhaftung der drei unter Terrorverdacht stehenden Wiener, schien Gert-René Polli noch der Siegertyp des Innenministeriums zu sein. "Seine" Behörde, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), hatte demonstriert, dass man islamistische Extremisten genau unter Beobachtung hatte und zuschlagen konnte, wenn es nötig war.

Mittlerweile hat sich das Bild etwas gewandelt. Von den drei monatelang observierten und abgehörten Verdächtigen ist einer gleich gar nicht in Untersuchungshaft genommen worden. Die anderen beiden, Mohamed M. und seine Frau, bleiben zwar weiter wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr hinter Gittern, wie das Gericht am Mittwoch entschieden hat.

Doch aus dem Siegertyp Polli wurde plötzlich eine "lame duck" - wie der Kurier berichtete, wird er sich nicht um eine Verlängerung seines im Februar 2008 auslaufenden Vertrags bemühen. Obwohl das BVT eigentlich das geistige Kind des 1960 geborenen Lavantalers ist. Der damalige Innenminister Ernst Strasser (VP) hatte ihn im September 2001 vom Heeresnachrichtenamt (dem Auslandsgeheimdienstes des Bundesheeres) ins Innenressort geholt - um die Staatspolizei zu reformieren. Am 1. Dezember 2002 wurde er dann Direktor des BVT.

Umstritten war er von Anfang an. Politische Nähe zur FPÖ wurde ihm nachgesagt und damit, er sei ein Profiteur schwarz-blauen Postenschachers. Peter Pilz von den Grünen erkor Polli zu einem seiner Lieblingsfeindbilder. Warf ihm mehrmals unsensible bis verbotene Kontakte mit dem Iran vor - die Staatsanwaltschaft fand jedoch nie Verwerfliches daran.

Intern blieb Polli dennoch umstritten. Während sich Innenminister Günther Platter (VP) in einem Schreiben an seinen obersten Verfassungsschützer für die "ausgezeichnete Tätigkeit bedankte", soll es hinter den Kulissen weit weniger rund gelaufen sein. Intern wird spekuliert, Polli habe es sich sowohl mit den US- als auch den russischen Geheimdiensten verscherzt und sei deshalb untragbar geworden.

Für Aufsehen hatte heuer schon ein längerer Urlaub Pollis gesorgt. Das Ministerium hatte im Juni aber Gerüchte über eine Ablösung als Spekulation bezeichnet. Polli selbst wollte sich nicht äußern, da er eine Vereinbarung mit Platter getroffen habe. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 27.9.2007)