Es ist schon eine Weile her, seit sich das deutsche Fräuleinwunder mit ihrer Begeisterung für die NS- Familienpolitik in den Fettnapf gesetzt hat. Und es ist gut, dass diese bodenlose Dummheit nicht übergangen wurde. Weil ihr aber nun ein ebenso blauäugiger Parteiführer mit dem Argument der Differenzierung beigesprungen ist ...:

Differenziert betrachtet ist es natürlich die Ideologie von Lebensborn, Zuchtwahl und Ausrottung "unerwünschter" Nachkommen, die Familienpolitik auf Generationen hinaus belastet. So wie hierzulande kaum jemand mehr eine Swastika sehen kann, ohne an Staatsterror und Massenmord zu denken. Andere Weichenstellungen, deren Beginn dem Dritten Reich zuzuordnen ist, wie Autobahnbau oder Kirchensteuer, sind nicht so elementar mit der NS-Ideologie verquickt und daher nicht so leicht mit dem Vorwurf ihrer faschistischen Vergangenheit aus der gesellschaftlichen Akzeptanz zu kippen.

Denn eines darf man, um der Differenzierung willen, nicht unter den Tisch fallen lassen: Wer eine familienfreundlichere Politik einfordert, kriegt von Wirtschaftsliberalen, die an einer großen Reservearmee Arbeitssuchender interessiert sind, von Kinderlosen, die sich nicht für Transferleistungen zuständig fühlen, und last, but not least von einem kleinen aber lautstarken feministischen Flügel schnell das Mutterkreuz umgehängt. Und kusch! So wie sich die Familienpolitik instrumentalisieren lässt, um den Faschismus salonfähig zu machen, lässt sich nämlich der Antifaschismus instrumentalisieren, um familiäre Bedürfnisse zurückzuweisen, oder herabzuwürdigen.

Insofern wird es Eva Herman und H.-C. Strache ganz schön leicht gemacht, das mulmige Gefühl sehr vieler, vermutlich sogar eines Großteils der Familien, von der Politik verraten und verkauft zu werden, mit oberflächlicher Rhetorik für reaktionäre Fantasien zu vereinnahmen.

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Christa Nebenführ ist Schriftstellerin in Wien; zuletzt erschienen:"Blutsbrüderinnen"(Milena Verlag) (DER STANDARD, Printausgabe, 27.9.2007)