Uni-Experte Pechar: Studienplatzfinanzierung statt Dauerprovisorium.

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Treppauf, treppab ...: "In Wahrheit ist der offene Hochschulzugang Teil des Problems, für dessen Lösung ihn seine Anhänger halten." Zeichnung aus: "Das Band ohne Ende" von M. C. Escher.

Bild: M.C. Escher

Es ist eine sehr österreichische Lösung, mit der der Wissenschaftsminister seinen Teil beiträgt, damit sich die schlagzeilenmächtigste Endlosschleife der Hochschulpolitik weiterdrehen kann. Er will die Zugangsbeschränkungen in acht Fächern, die 2005 auf zwei Jahre befristet eingeführt wurden, auf zwei weitere Jahre verlängern. Damit hat er zwar das Schlimmste verhindert und den Nostalgikern des offenen Zugangs die kalte Schulter gezeigt. Er hat aber keines der Probleme gelöst, die seit Jahren die Arbeit der österreichischen Unis lähmen.

Die Zugangsbeschränkungen waren notwendig geworden, nachdem der EuGH einer Klage der Europäischen Kommission stattgegeben und Österreich vor die Wahl gestellt hat, entweder in den überlaufenen Fächern Obergrenzen einzuziehen oder den unreglementierten Zugang auf Studienwerber aus ganz Europa auszudehnen. Selbst eine Ministerin Gehrer konnte verstehen, dass man die Universitäten nicht ungeschützt dem Ansturm der deutschen Numerus- clausus-Flüchtlinge aussetzen konnte. Es war sinnvoll, die Zugangsbeschränkungen zunächst zu befristen, denn diese Regelung wurde ja buchstäblich über Nacht eingeführt, und legistische Hüftschüsse sollten nach einiger Zeit evaluiert werden. Nach zweijähriger Erfahrung wäre aber nun eine definitive Regelung möglich gewesen, die den Universitäten Rechtssicherheit und die Möglichkeit zu einer langfristigen Planung gibt.

Mit Ausnahme der ÖH ist allen klar, dass die Universitäten keinen unbeschränkten Zustrom deutscher Studenten verkraften können. De facto ist das Bedrohungspotenzial ja gewachsen, denn aufgrund der doppelten Abiturientenjahrgänge der nächsten Jahre werden die deutschen Unis aus allen Nähten platzen.

Bornierte ÖH

Die ÖH hingegen sprach schon 2005 von unverantwortlicher Panikmache und behauptete, nur eine kleine Zahl deutscher Studierender sei mobil. Wer glaubt, die beiden letzten Jahre hätten sie eines Besseren belehrt, unterschätzt die erfahrungsresistente Borniertheit dieser Organisation.

In der Koalition ist an die Stelle sachlicher Debatten längst der Streit darüber getreten, ob die jeweils andere Seite rechtzeitig in angekündigte Maßnahmen eingebunden wurde. Auch Josef Broukal schmollt und will der Verlängerung nur zustimmen, wenn die Studienplätze in den betroffenen Fächern um zehn Prozent erhöht werden. Das hat Charme, denn an den österreichischen Universitäten sind die Studienplätze bekanntlich zahlenmäßig nicht definiert. Genau das ist seit geraumer Zeit ein Streitpunkt zwischen der Politik und den Rektoren. Letztere wollen auch an den Universitäten eine Studienplatzfinanzierung, die sich an den Fachhochschulen bestens bewährt hat.

Rat an Broukal

Die Regierung, die SPÖ eingeschlossen, lehnt das ab, weil sie weiß, dass dies das Ende der bisherigen schlampigen Verhältnisse wäre. Sie müsste dann Farbe bekennen. Zehn Prozent von einer imaginären Größe - das ist die rationelle Basis österreichischer Hochschulpolitik.

Nicht fehlen darf in dieser Debatte der Verweis auf die niedrige Akademikerquote, die uns die OECD jährlich unter die Nase reibt. ÖH und Grüne haben sich in den Trugschluss verknallt, Zugangsbeschränkungen in überlaufenen Fächern würden die Zahl der Hochschulabsolventen noch weiter reduzieren.

In Wahrheit ist der offene Hochschulzugang Teil des Problems, für dessen Lösung ihn seine Anhänger halten. Er verhindert Vereinbarungen zwischen der Regierung und den Universitäten über die Zahl der öffentlich finanzierten Studienplätze. Er verhindert auch ein Mindestmaß an vernünftiger Lenkung studentischer Nachfrageströme.

Es ist ja nicht so, dass die österreichischen Universitäten insgesamt überlaufen sind. Vielmehr gibt es eine paradoxe Koexistenz von Massenfächern, die am Rande des Kollaps stehen, und anderen Fächern, die mehr Studenten nicht nur verkraften könnten, sondern sich diese auch wünschen. Aber der fabulöse offene Zugang erlaubt keine Abstimmung zwischen Studienangebot und -nachfrage.

Das Auslaufen der befristeten Zugangsbeschränkungen wäre eine gute Gelegenheit gewesen, die Weichen in Richtung Studienplatzfinanzierung zu stellen. Sie wurde nicht genützt. Josef Broukal möge sich für diese Form der Uni- Finanzierung einsetzen. Dann würde seine Forderung nach einer zehnprozentigen Erhöhung der Studienplätze Sinn machen. (Hans Pechar, DER STANDARD- Printausgabe, 27. September 2007)