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Wolfgang Fellner und Horst Pirker.

Foto: APA/HARALD SCHNEIDER
Print lebt - in dieser Diagnose waren sich die Chefredakteure, Herausgeber und Verleger bei den Medientagen in Wien einig und grüßten Poster Terence Lennox, etat.at berichtet . "So gut wie es derzeit für Zeitungen aussieht, hat es noch nie in der Geschichte der Zeitungen ausgesehen", konstatierte Styria-Vorstand Horst Pirker. STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid sieht den großen Vorteil der Zeitung gegenüber anderen Medien in ihrer "haptischen Erotik", schließlich könne man eine Zeitung im Bett lesen, in die Badewanne oder in die U-Bahn mitnehmen. "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner hält die Zeitung für das "Massenmedium der Zukunft", Voraussetzung sei aber, dass sie "multimedial präsent" ist, wie "Kurier"-Chefredakteur Christoph Kotanko erklärte. "Print lebt und ist sein Geld wert."

Ob die Leser auch künftig bereit seien, für Zeitungen zu bezahlen, ob die Abonnementpreise gehalten oder gesteigert werden können, hänge nicht zuletzt auch von ihrer Verpackung und Inszenierung ab, meinte wiederum Hermann Petz, Vorstandschef der Tiroler Moser Holding. "News"-Generalgeschäftsführer Oliver Voigt führte ins Treffen, dass die "News"-Gruppe im vergangenen Jahr ihre Preise um rund zehn Prozent erhöht "und nicht einen Leser oder Abonnenten verloren" habe. Der "News"-Boss" berichtete auch voller Stolz, dass zum Beispiel die aktuelle "Woman"-Ausgabe bei einem Umfang von 300 Seiten angelangt sei. 140 davon würden aus Anzeigen bestehen. Die Werbewirtschaft sei bereit, noch mehr in Print zu investieren.

Chance zur Differenzierung

Wolfgang Fellner führte in diesem Zusammenhang die rosigen Aussichten am Werbemarkt ins Treffen. Die Printprodukte hätten in den ersten acht Monaten des Jahres einen Zuwachs von 12 Prozent an Inseraten verzeichnen können. Alleine sein "Österreich" ist für zehn Prozent des Wachstums verantwortlich, so der Herausgeber. Außerdem habe er die "Zeitung ins Wiener Stadtbild zurückgebracht". Seine Marketingstrageie würde die ganze Medienlandschaft befruchten. Ein wichtiger Punkt sei außerdem, "junge Leser" zu gewinnen. Diese würden großen Wert auf "Gratis-Content" legen. Andererseits sind sie aber auch die "Abonnenten der Zukunft", meint Fellner. Michael Fleischhacker, "Presse"-Chefredakteur zeigte sich froh über die Fellner'ische Konkurrenz: "Österreich" biete den Lesern eine "im wahrsten Sinne des Wortes kostenlose Möglichkeit der Differenzierung". Dies habe bei der Leserschaft zu einer Rückbesinnung zu "starken Marken" geführt. Davon würden die "Qualitätsmedien" profitieren, meint Fleischhacker.

Gratis wie McDonald's - Kaufzeitung wie "Steirer Eck"

Neben den Kauf- hätten aber auch die Gratismodelle ihre Existenzberechtigung, räumte Pirker ein, allerdings gelte es zu berücksichtigen, "dass Leser nicht gleich Leser ist". Vor allem für die Werbewirtschaft ist ein Leser, der zum Zeitungslesen Geld und Zeit in die Hand nimmt, mehr wert, als ein Gratisleser. In diesem Punkt pflichtete ihm Georg Wailand von der "Kronen Zeitung" bei. Gratis sei wie ein Besuch bei McDonald's - Kauf- wie ein Abendessen im "Steirer Eck", war sich die Mehrheit der Diskutanten einig.

An der Frage, was Qualität sei, schieden sich dann aber die Geister. Während Pirker der Meinung ist, dass "alle erfolgreichen Zeitungen Qualitätszeitungen" sind, weil sie das Bedürfnis der Zielgruppe erfüllen, und nach dieser Definition "die Krone genauso wie der STANDARD eine Qualitätszeitung ist", wies Föderl-Schmid diese Behauptung vehement zurück. Punkto Qualität ritt denn auch der Chefredakteur der "Wiener Zeitung", Andreas Unterberger, einen Angriff gegen Voigt und dessen von ihm gerne als Qualitätsblatt bezeichnetes Magazin "News": "Ich kann dort absolut nichts an ordentlichem Journalismus feststellen", sagte Unterberger. Wolfgang Fellner attackierte seinerseits die "Wiener Zeitung", die er als "Regierungsverlautbarungsorgan" bezeichnete, das es in dieser Form "nicht einmal in Russland" gebe.

"Alle Plattformen bespielen"

Verschiedener Meinung waren die Medienmanager auch bei der Frage, ob für die Zukunft das Prinzip "online first" gilt. "Presse"-Chefredakteur Michael Fleischhacker baut auf dieses Prinzip und betonte, "wir müssen mit dem, was in Zeitungen an 'brain' vorhanden ist, alle Plattformen bespielen". Die Medienwelt entwickle sich dahingehend, dass Nachrichten über Internet, Fernsehen und andere Medien - nicht aber über die Zeitung - bezogen werden. Von "News" würden die Zeitungen künftig lediglich zu fünf Prozent leben, glaubt Fleischhacker. Zeitungen würde "keine Neuigkeiten mehr bringen", sondern Hintergrundgeschichten anbieten. Es sei ein "zentraler Printfehler", Nachrichten zurückzuhalten und sie nicht online zu publizieren. Auch Förderl-Schmid möchte in Zukunft die Zusammenarbeit zwischen Print und Online noch weiter forcieren. Der STANDARD und derStandard.at seien zwar in Bezug auf die Eigentümerstruktur autonome Unternehmen, dennoch gebe es eine sehr enge Kooperation. Zum Beispiel wären schon seit einiger Zeit die CvD's der Online-Redaktion bei den Redaktionssitzungen der Printausgabe dabei. Ein Journalist könne trotzdem nicht die "eierlegende Wollmilchsau" sein und sowohl für Print als auch für den Online-Bereich in gleichem Ausmaß arbeiten. Es gelte einfach, von den Synergien zu profitieren.

Fellner geht davon aus, dass "online first automatisch über uns hereinbrechen" wird. Anders sah das Kotanko. Leser würden kaum Geld für ein Blatt bezahlen, wenn alle Nachrichten schon am Tag zuvor bekannt wären - im Gegenteil "eine echte Exklusivgeschichten hat Wert und Zukunft", so der "Kurier"-Chefredakteur. (APA/red)