Wien - Der Rechnungshof (RH) hält eine "umfassende" Verfassungs- und Verwaltungsreform für "unbedingt erforderlich". Denn trotz "außerordentlich guter" wirtschaftlicher Rahmenbedingungen habe sich der Abgang des Bundes gegenüber 2005 nur "gering vermindert", wenngleich gegenüber dem veranschlagten Abgang "deutliche Verbesserungen" erzielt worden seien. "Strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen" müssten unter Einbeziehung aller Gebietskörperschaften, einer Haushaltsreform und einer Zusammenführung von Finanzierungs- und Aufgabenverantwortung im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen erfolgen, heißt es in der RH-Stellungnahme. Zum Finanzausgleich haben die Gebietskörperschaften allerdings bereits in der vergangenen Nacht eine Grundsatzeinigung erzielt.

"Kostensteigernde Maßnahmen"

Vor allem die Schere zwischen Einnahmenquote von 25,2 Prozent und Ausgabenquote von 26,9 Prozent, die weiterhin ansteigende Verschuldung des Bundes und "kostensteigernde Maßnahmen" der Regierung etwa bei der Pflege oder der Grundsicherung machten eine derartige Reform notwendig, mahnt der Rechnungshof.

Im Detail ist das gesamtstaatliche Budgetdefizit im Vorjahr laut dem am Donnerstag vom Rechnungshof vorgelegen Rechnungsabschluss 2006 gegenüber 2005 um 0,5 Prozentpunkte auf 1,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gesunken, was der niedrigste Wert seit 2002 ist. Die Maastrichtvorgabe, wonach das laufende Defizit nicht über drei Prozent liegen darf, hat Österreich damit auch 2006 klar eingehalten. Die Gesamtverschuldung hingegen liegt mit 61,8 Prozent des BIP immer noch deutlich über dem Maastricht-Limit von 60 Prozent. Die öffentliche Verschuldung in Prozent des BIP ist allerdings damit seit 2001 kontinuierlich gesunken, in absoluten Zahlen aber auf 159,5 Milliarden Euro gestiegen (2005: 155,6 Mrd.)

Mehr Ausgaben als Einnahmen

In absoluten Zahlen hat der Staat im Vorjahr um 4,42 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen, lag damit aber immer noch um 1,4 Milliarden unter dem veranschlagten Abgang. Die tatsächlichen Einnahmen betrugen 66,14 Milliarden (Voranschlag: 60,36), die tatsächlichen Ausgaben bei 70,56 Milliarden (Voranschlag: 66,17). Damit haben sich Bundesschulden und Finanzschulden laut RH zum Jahresende 2006 auf 185,165 Milliarden Euro summiert. Die Prüfinstanz merkt dazu noch an, dass außerhalb des Bundeshaushaltes Ende 2006 zusätzlich Verbindlichkeiten für die ÖBB und die Autobahngesellschaft ASFINAG in der Höhe von 10,537 bzw. 10,164 Milliarden ausgewiesen wurden. Diese Schulden fließen zwar nicht in die Maastricht-Defizit-Berechnungen ein, der Bund hat aber für diese Verbindlichkeiten die Haftung übernommen.

Der Großteil der Ausgaben des Bundes von 69,4 Milliarden entfiel auf Transferausgaben (37 Prozent) und Finanzierungsausgaben (39,8 Prozent). Die Ausgaben für öffentliche Leistungen sanken leicht und machten 16,12 Milliarden Euro oder 23,2 Prozent aus (2005: 23,6 Prozent). Die Steuereinnahmen des Bundes sind um 5,7 Prozent auf 60,075 Milliarden gestiegen, die Lohnsteuer betrug daran 18,092 Milliarden (2005: 16,930 Mrd.), die Einnahmen aus der Umsatzsteuer stiegen gegenüber 2005 um über 700 Mio. auf 20,171 Milliarden. (APA)