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Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich: STANDARD-Chefredakteurin Föderl-Schmid zeigt den Kollegen Fleischhacker (li., "Presse") und Kotanko ("Kurier"), was ihr Multimedia-Handy kann - womöglich eine Eilt-SMS von etat.at?

Foto: APA/Schneider
"Das macht den Unterschied zwischen Journalisten und Verlegern aus": Alexandra Föderl-Schmid konnte sich Horst Pirkers Definition von Qualität nicht anschließen. Pirker ist Vorstandschef der Styria Medien AG ("Kleine Zeitung", "Die Presse", "Wirtschaftsblatt") und übersetzt Qualität mit der "Erfüllung von Kundenbedürfnissen". Föderl-Schmid ist Chefredakteurin des STANDARD und findet: Qualität(sjournalismus) ist mehr, als die Bedürfnisse einer Zielgruppe zu erfüllen.

Wir schreiben Tag 2 der Österreichischen Medientage – der "Printgipfel". Moderator Michael Grabner hält das Publikum für nicht geeignet für eine Debatte über Qualitätsjournalismus, ohne es einzuschläfern, so sagt er.

"Dankprozession"

Also wechseln wir zu Handfesterem, dem Mitveranstalter Hans-Jörgen Manstein bei der Eröffnung "widerliches Eindringen in Privatsphäre" und "Falschmeldungen" vorwarf und das der Branchenverleger als Auslöser einer "Selbstinferiorisierung" aller österreichischen Medien anprangerte.

Also zu "Österreich", das sein Herausgeber Wolfgang Fellner in der Debatte am Donnerstag – in seiner Kaufvariante – ein "Premiumprodukt" nennt.

"Presse"-Chefredakteur Michael Fleischhacker sieht das offenbar etwas anders, möglicherweise schon wieder eine Definitionsfrage. Eine "Dankprozession" müssten Qualitätsblätter wie das seine und der STANDARD abhalten für Fellners Gründung: "Nie wieder wird jemand so viel Geld einsammeln, um kostenlos für uns eine solche Differenzierungsleistung zu erbringen." Anders gesagt: "Österreich" macht klar, was man an Qualitätszeitungen hat.

Zitternde Banker

Auf das "Geld einsammeln" – die Zeitung wurde mit Krediten gegründet – spielen bei den Medientagen viele an. Torsten-Jörn Klein etwa, Auslandsvorstand von Gruner + Jahr, verkniff sich einen Schlenker auf seinen Mitgesellschafter bei der News-Gruppe nicht: "Irgendwann hören übrigens auch Banken auf, Geld nachzuschießen." Und: "'Österreich' wurde mit großem, sehr professionellem Marketing in den Markt gedrückt, erfüllt aber auch nicht die Erwartungen." "Österreich" greift gerade auf der Suche nach Anzeigenerlösen mit einer Wochenbeilage Woman der News-Gruppe an.

Auch Georg Wailand vom Marktbeherrscher "Krone" spielt auf die Kreditgeber der Fellnerzeitung an: "Vielleicht zittern ein paar Bankdirektoren."

Das hätte es nicht gebraucht, um Moderator Grabner auf die Frage zu bringen: "Wie wird Österreich finanziert?" Wolfgang Fellner erinnert an Zweifel am Erfolg von News, tv-media und Co, erzählt von den Chancen von Verlagen als Multimediaplayer und von den Unsummen, für die in den USA, in Großbritannien, in Deutschland Onlinedienste übernommen werden, womöglich eine strategische Überlegung. Grabners Frage beantwortet Fellner nicht.

Österreichs "Prawda"

Er matcht sich lieber mit seinem Sitznachbarn Andreas Unterberger. Der Chefredakteur der "Wiener Zeitung" vermisste – nach Manstein – Qualität. Fellner vermisst bei dem republikseigenen Organ Unabhängigkeit: "Brauchen wir eine Prawda?" Unterberger kontert (jedenfalls seit der großen Koalition zu Recht), er habe die Wiener Zeitung "nie als Regierungsorgan" geführt. Auch er räumt allerdings ein: "Es ist absolut nicht gut, wenn der Staat Zeitungen besitzt." Aber er solle seriöse Information ermöglichen. Mit viel hätte "Krone"-Mann Wailand gerechnet, aber niemals mit einem Match "Österreich" gegen "Wiener Zeitung". "Sind schon Konkurrenten, die zwei", ätzte Moderator Grabner, Eigentümervertreter bei der Mediaprint und langjähriger Fellner-Vertrauter.

Philofred

Womit wir bei Aufgaben und Zielen von Zeitungen sind. Christoph Kotanko, Chefredakteur des "Kurier", zitiert dazu einen Philosophen, der im Monatsmagazin "Datum" seine "Kurier"-Lektüre so begründete: Diese Zeitung sei "nicht zu anstrengend und nicht zu deppert". Kotanko: "Das ist eine Blattlinie, mit der ich leben kann." Welchen Philosophen meint der "Kurier"-Chef da, fragten wir "Datum"-Herausgeber Klaus Stimeder. Es war "Austrofred" – ein Musikkabarettist, der als Freddie-Mercury-Double Queen-Songs mit österreichischen Texten versieht.

Wenn auch nicht in dieser Blattliniendefinition, so fanden die Verleger und Chefredakteure denn doch eine Gemeinsamkeit. Styria-Chef Horst Pirker, zugleich Präsident des Zeitungsverbands, fasste sie so zusammen: "So gute Karten hatte die Zeitung noch nie, wenn man Zeitung nicht nur auf Papier denkt – wo sie immer stark sein und bleiben wird." Denn Zeitungen hätten mit ihren Redaktionen schon Inhalte und Rechte für Multimediaplattformen – im Gegensatz zum Fernsehen mit zugekauften Programmen aus Hollywood und von Sportverbänden. Und Zeitungen, ergänzte Föderl-Schmid, hätten eine "haptische Erotik". (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 28.9.2007)