Die ÖVP sucht ihre Perspektiven - und dazu läuten die Kirchenglocken: Gehört bei der Ergebnis-Präsentation der Gruppe Kinder und Familie am Dienstagabend. Diese wenigen Sekunden waren symbolträchtig für die gesamte Diskussion: Nach außen gibt sich die Volkspartei, besonders Perspektivengruppen-Leiter Josef Pröll, auch einmal liberal und offen. Letztlich aber hängt sie, respektive ihre federführenden Vertreter, an den konservativen, althergebrachten Werten.

Jeder darf zwar im Sinne eines möglichst breiten Diskurses, wie es heißt, etwas vorschlagen. Bei allzu kritischen Beiträgen - siehe Abschaffung der Neutralität - wird die Debatte aber flott abgedreht, und zwar von Parteichef Wilhelm Molterer persönlich. Andere Themen werden erst gar nicht richtig aufgegriffen. Dabei hätte es in der Gruppe Familie und Kinder einige heiße Eisen gegeben: Homo-Ehe? Dazu hat man gar keine wirkliche Meinung, sondern ist sich lediglich einig, dass die sexuelle Orientierung kein Grund für Diskriminierung sein darf. Und richtig stolz darauf, dieses ach-so-heikle Thema überhaupt besprochen zu haben. Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Natürlich muss das möglich sein. Aber, bitteschön, Frauen die zu Hause bei ihren Kindern bleiben, dürfen nicht diskriminiert werden. Und Alleinerziehende? Dieses Wort fiel bei der großen Ergebnis-Präsentation kein einziges Mal.

"Die ÖVP hat erkannt, dass Kanzler-Sein nicht genug ist", erklärt ein schwarzer Insider die Perspektivensuche der Volkspartei. Fast ein Jahr nach der schmerzlichen Niederlage bei den Nationalratswahlen muss die ÖVP noch etwas anderes erkennen: Die Österreicher sind längst im 21. Jahrhundert angekommen, und die Volkspartei hinkt hinterher - trotz der Perspektivensuche. Diese auch noch mit Kirchenglocken einzuläuten, ist da wirklich das falsche Signal. (DER STANDARD, Printausgabe, 28.9.2007)