Linz – Nein, sie wissen nicht, wie das wird. Nicht zu Beginn des Vorspiels, als die Nornen diese rhetorische Frage einander stellen, und immer noch nicht am Ende des Rings, nach Brünhildes Schlussgesang, über dem Richard Wagner lang gegrübelt hatte, wie erhalten gebliebene frühere Textversionen bezeugen. Der Zertrümmerung der alten Macht- und Beziehungsverhältnisse, dem Scheitern Siegfrieds an der Erlösung der Welt folgt in keinem Fall eine neue Utopie, sondern ein musikalischer Abgesang, der trotz tröstlichem Gestus alles offen lässt.

Von diesem Schluss aus zurückgelesen, bleiben auch in den etwa 16 Stunden davor mehr Fragen als Antworten. Ist Siegfried also mehr Zweifler als Verkünder, mehr Mensch als Heros? Da war Christian Franz in seinem Element: Er verkörperte den auf den Boden zurückgeholten Recken stimmlich und körpersprachlich nahezu idealtypisch. Einmal jugendlich-unbekümmert, einmal selbstbewusst, einmal ironisch, einmal zart liebend. Franz entlockte der Figur erstaunlich viele Schattierungen und ließ sie letztendlich strahlend und gebrochen gleichzeitig sterben. Eine großartige Leistung.

Ihm zur Seite stand die gebürtige Kalifornierin Luana DeVol, ebenfalls vielfach Ring-erprobt, als sichere und im Schlussgesang berührende Brünnhilde. Immer noch ein Ereignis: Hanna Schwarz als ausdrucksstarke Waltraute. Gerd Grochowski sang mit noblem Organ den Gunter, sehr gut Anna-Katharina Behnke als Gutrune sowie 3. Norne.

Peter Schneider ist ein vielfach ausgewiesener Wagner-Interpret. Souverän gestaltete er am Pult des Bruckner Orchesters wichtige Details genauso wie die großen Linien, sorgte für intensive Dramatik und poetische Lyrismen. Zeigte, dass sich die harmonische Modernität in Wagners großen Opern nicht auf den berühmten Tristan-Akkord beschränkt, sondern oft auch in der Götterdämmerung aufblitzt. Lang anhaltender Jubel. (Reinhard Kannonier / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.9.2007)