Online ist noch lange nicht am Zenit.

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Erlebt Online momentan einen Boom? Nein, so der Grundtenor der Diskutanten im Rahmen einer Podiumsdiskussion bei den österreichischen Medientagen. Von einem Boom könne man nur sprechen, wenn gerade "Hochkonjunktur herrscht", meint Susanne Obermayer, Geschäftsführerin von krone.at. So weit sei man noch lange nicht. Vor allem wenn man sich die Gesamtausgaben der Werbespendings vor Augen halte. Bis jetzt würden nur "zwei bis drei Prozent" des Werbekuchens aufs Internet entfallen.

Eigene "Online Unit" in jeder Agentur

ORF-Onlinedirektor Thomas Prantner ist der Überzeugung, dass sich der Anteil der Werbeausgaben schon in ein bis zwei Jahren um die zehn Prozent fürs Internet bewegen wird: "Online hat bei weitem noch nicht den Stellenwert wie etwa TV, Radio und Print." Es müsse einen Umdenkprozess bei den Auftraggebern und den Agenturen geben. Prantner fordert, dass in jeder Agentur auch eine eigene "Online Unit" existieren sollte. Stephan Thurm, Geschäftsführer vom Vorarlberger Medienhaus definiert das Ziel folgendermaßen: "Wir wollen in ein bis zwei Jahren Radio überflügeln und um die sechs Prozent der Werbeausgaben verbuchen." Thurm, auch Präsident der Österreichischen Webanalyse (ÖWA) will mit der neuen "ÖWA-Plus"-Erhebung mit noch tiefergehenden Zahlen bei der Werbewirtschaft reüssieren. Die noch immer vorhandenen Unsicherheiten bei den Firmen sollten dann der Vergangenheit angehören.

Wachstumsschub durch "Video-Ads"

Florian Haller von der deutschen Agenturgruppe "Serviceplan" glaubt, dass man noch lange nicht am Zenit sei. 20 Prozent der Mediennutzungszeit würden auf das Netz entfallen. Dies stehe in keiner Relation zu den Werbespendings. In Deutschland fließen seinen Angaben zufolge etwa vier bis fünf Prozent der Gesamtausgaben ins Internet. Haller ortet noch enormes Potenzial, da der Trend in Richtung Behavioral Targeting gehe. Was bis dato schon ein immenser Vorteil des Internets im Vergleich zu anderen Medien war, werde in Kürze noch manifester werden. Die Messbarkeit von Werbekontakten, gepaart mit noch spezifischerer Zielgruppensteuerung. Die Präferenzen der User könnten immer konkreter identifiziert werden. Der Online-Werbung werden Video-Ads einen zusätzlichen Wachstumsschub bescheren, meint Haller. Diese Werbeform sei geradezu prädestiniert, "Emotionalität zu transportieren".

Michael Rossipal von news networld setzt auch große Hoffnungen in Behavioral Targeting: "Der User bekommt dann nur die Produkte serviert, die ihn wirklich interessieren." Zum Thema Video-Ads meint er, dass nicht nur "klassische TV-Spots" eingespielt werden sollten. Innovative Formen, die die Interaktivität forcieren und im Bereich Entertainment angesiedelt sind, müssten entwickelt werden.

"Crossmediale Strategien"

Martin Gaiger von der Onlineplattform der Tageszeitung "Österreich" oe24.at ist der Meinung, dass "crossmediale Strategien" in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen werden. Bei dem Fellner-Medium gäbe es auch keine separate Strategie zwischen Print und Online. "Das Verkaufsteam setzt sich aus beiden Bereichen zusammen", so Gaiger. Weitere Impulse erwartet er sich im Bereich Video-Werbung. Deswegen biete auch oe24.at Nachrichten via Video an. Die Werbewirtschaft wird noch auf den Zug aufspringen, ist Gaiger überzeugt.

Die Seite der Unternehmen brachte Susanne Kunz, Mediadirektorin bei Procter & Gamble, ein. Ihr Unternehmen investiere viel in Online-Werbung, da die Effizienz messbar sei. Skepsis zeigte sie gegenüber Handy-Werbung. Dieser "Hoffnungsmarkt" stecke noch in den Kinderschuhen. Die Technologie müsse dafür noch viel ausgereifter sein.

"Potenzial ohne Ende, statt Boom ohne Ende"

Karl Pall, Country Manager von Google Austria, will sein Unternehmen nicht als "Medium" definiert wissen. Es gäbe dort für Werbekunden keine kreativen Darstellungsformen. Den großen Vorteil des Internets sieht er in der Effektivität. "Große Mengen an Werbegeldern" würden oft einfach auf Verdacht vergeben", so Pall. "Ein Potenzial ohne Ende, statt einem Boom ohne Ende", resümierte Stephan Thurm die Prognose für die kommenden Jahre.(om)