Rund 150.000 geschädigte Anleger dürfte es im Fall Meinl geben, schätzt das Konsumentenschutzministerium.

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Geprüft wird die Möglichkeit einer Sammelklage gegen MEL und gegen die Finanzdienstleister, die das Produkt verkauft haben.

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Wien – In die Causa rund um die Rückkäufe und den Kurssturz der Papiere der in Wien notierten Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL) ist am Freitag erneut Bewegung gekommen – diesmal aus Richtung der Politik und Konsumentenschützer. Der für den Verbraucherschutz zuständige Minister, Herbert Buchinger (SPÖ), hat angekündigt, gemeinsam mit dem Verein für Konsumentenschutz (VKI) und der Arbeiterkammer (AK) Sammelklagen einzubringen.

Es hätten sich in den Medien zwar "schon viele gemeldet, die Klagen angekündigt haben. Für Kleinanleger stellt sich aber die Frage, ob der Aufwand das Ergebnis lohnt", begründete der Konsumentenschutzminister seinen Schritt. Man gehe von rund 150.000 Kleinanlegern aus.

Die zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr schwierige juristische Frage ist die nach dem Beklagten. Laut Minister Buchinger "scheint es derzeit wie beim Finanzdienstleister Amis mehrere Anspruchsgegner" zu geben. Neben der MEL wird auch die Meinl Bank genannt – die hat aber laut ihrem Vorstandschef Julius Meinl V. nichts mit der MEL zu tun. MEL-Sprecher Rupert-Heinrich Staller meldete sich auch postwendend zu Wort, verwahrte sich zum einen "gegen den Vergleich mit dem Anlegerbetrugsfall Amis" (der Strafprozess gegen die Ex-Amis-Vorstände beginnt im Dezember, es gilt die Unschuldsvermutung; Anm.) und konstatierte zum anderen, dass "eine derart unseriöse Vorgangsweise nicht nur MEL und ihren_Anlegern schadet, sondern auch dem österreichischen Kapitalmarkt". Es handle sich um eine "rein politisch motivierte Aussendung".

Weiter Weg

Eine Klage gegen die Meinl Bank schätzt man freilich sogar bei der AK für schwierig ein. Wem die Bank der Meinls exakt gehört, weiß nicht einmal ihr Aufsichtsratspräsident; tatsächlich hält die niederländische BV Belegging-Maatschappij "Far East" mit gleicher Adresse wie die Julius Meinl Holding 12.000 Stückaktien.

Der Chef der Konsumentenschutzabteilung, Harry Glatz, erklärt, dass die Meinl Bank nur dann als Beklagte in Frage komme, wenn FMA und Notenbank einen Konnex zwischen MEL und Bank konstatieren. Kausalität zum Schaden und Verschulden müssten dann noch von einem Gutachter bewiesen werden, meint Glatz. Kurzum: "Eine Klage gegen die Bank wäre frühestens im ersten Quartal 2008 überhaupt einschätzbar". Das sieht auch der Rechtsanwalt Ernst Brandl so, der von "purem Aktionismus" des Sozialministers spricht. Bevor es nicht zu einer Klärung der Sachlage gekommen sei, hält er jegliche Klagsankündigung für "sinnlos".

Klagen auch gegen Management-Firmen möglich

Der von den Konsumentenschützern angedachte Ausweg führt über die Beraterhaftung: Bis Mitte Oktober will der VKI im Auftrag des Ministeriums eine Internet-Beratungsstelle einrichten (siehe Linktipp), bei der Geschädigte ihren Fall schildern und dann ihre Aktienverträge nachreichen können. Interessiert sind die Konsumentenvertreter insbesondere an der "Beratungssituation", anlässlich der die MEL-Aktien an den Mann gebracht wurden, so die zuständige Expertin im Sozialministerium, Beate Blaschek. Soll heißen, ob den Käufern etwa Mündelsicherheit suggeriert wurde.

"Wir werden dann sondieren, nach welchen Kriterien Sammelklagen angestellt werden können", sagt Blaschek. Die Sammelklage selbst würde nach § 227 Zivilprozessordnung erfolgen. Dieser Weg funktioniere freilich nicht über eine Sammelklage, so Brandl. Denn hier müssten die Gerichte jedes Verhalten eines Berater einzeln prüfen. Möglich könnten zudem Klagen gegen die Meinl-Managementfirmen sein. Letztendlich müsste die Meinl Bank für die Gesellschaften gerade stehen. (gra, as, ruz, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.9.2007)