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Die mediale Präsenz der Frauen-Fußball-Ikone Marta Vieira da Silva macht in ihrem Heimatland Jungtalente mobil.
Foto: AP/Eugene Hoshiko
Rio de Janeiro - Die Gegnerinnen der deutschen Fußball-Frauen aus Brasilien stehen für die Fans in der Heimat schon vor dem WM-Finale am Sonntag als Siegerinnen fest. "Sie haben mit ihren Erfolgen die Vorurteile in unserem Land endgültig in den Himmel geschossen", meinte Mädchen-Trainer Alexandre in Rio erfreut.

"Die Eltern, die bis vor kurzem ihren Töchtern noch das Fußballspielen untersagt haben, bringen sie jetzt persönlich zum Training", erzählt der 50-Jährige. Dazu hätten der Triumph bei den Panamerikanischen Spielen im Juli in Rio de Janeiro und die tollen Leistungen bei der Weltmeisterschaft in China mitsamt des Medienrummels beigetragen.

Während Diktatur verboten

Im Land des Männer-Rekordweltmeisters wurde Frauenfußball zwischen 1965 und 1982 von der Diktatur sogar verboten. Aber auch nach dem Ende der Militärherrschaft mussten und müssen Mädchen, die Fußball spielen wollen, durch die Hölle gehen. Sie wurden nicht selten als "Lesben" und "hässliche Weiber" tituliert. "Es gibt noch viele Vorurteile, viele sehen Fußball ausschließlich als Männersport", sagt die Harvard-Anthropologin Catlin Fischer, die mit einem 80.000-Dollar-Stipendium des Weltverbandes FIFA die Gründe für die Geringschätzung des Frauenfußballs in Brasilien untersucht.

Kein Frauenfußball im TV

"Noch vor zehn Jahren, als ich mit 15 angefangen habe, konnte man bei uns keinen Frauenfußball im Fernsehen verfolgen, unser Sport existierte nicht", erzählt Kapitänin Aline. Erst vor zwei Monaten seien die Massen bei den PanAm-Spielen zu den Frauen-Spielen gegangen, "ohne sich darum zu scheren, ob die Spielerinnen hübsch, weniger hübsch, schwarz oder weiß waren." Noch vor wenigen Jahren wollte der Verband des relativ reichen Bundeslandes Sao Paulo ein Turnier nur mit hübschen Akteurinnen organisieren, um zu zeigen, dass "auch echte Frauen Fußball spielen". Aus der verrückten Idee wurde aber nichts.

Spielerinnen oftmals aus sozial benachteiligten Schichten

Anders als der Männerfußball, der von allen Gesellschaftsschichten in Brasilien betrieben und bewundert wird, nährt sich Frauenfußball im Land noch heute fast nur von talentierten Mädchen aus den Slums. Da die Medien immer häufiger von Weltfußballerin Marta berichten, die 45.000 Dollar (31.735 Euro) im Monat in Schweden kassiert, werden die Mädchen angetrieben vom möglichen Ausweg aus dem Elend.

Wie Erfolg und Medienrummel helfen können, zeigt der WM-Final-Einzug der Brasilianerinnen, bei denen auch die Neulengbach-Spielerin Rosana im Kader steht. Nach dem 4:0 über die USA teilte der Nationalverband CBF mit, man werde erstmals eine Landesmeisterschaft für Frauen veranstalten. Bisher gab es nur kleine Regionalligen, etwa in Sao Paulo. Juventus, einer der am besten situierten Frauen-Clubs der Region, zahlt seinen 18 Spielerinnen, die alle zusammen in einem Vier-Zimmer-Haus wohnen, nicht mehr als Essen, Kleidung, Ausbildung. Ihre Spiele werden nur von wenigen FreundInnen und Verwandten besucht.

Frauen Vorbild für Männerfußball

"Ich hoffe, dass sich das alles mit unseren Erfolgen ändert. Ich selbst bin durch die Hölle gegangen", sagte Marta Ende Juli weinend nach dem Gewinn der Goldmedaille bei den Panamerikanischen Spielen. Es gebe in Brasilien sehr viele Martas, die spielen wollten, aber sich oft aus Scham nicht trauten. Die 21-jährige Kickerin wurde am Donnerstag prompt von Männer-Nationalcoach Dunga gelobt: "Marta spielt schön, kämpft aber auch für das Team, ohne zu meckern. Diese Frauen sind ein Vorbild auch für den Männerfußball." (APA/dpa)