Wien – Sammelklagen, in denen ähnliche Ansprüche verschiedener Kläger gegen ein Unternehmen gemeinsam eingebracht werden, um Prozesskosten zu sparen, sind schon jetzt in Österreich möglich – doch nur unter Einsatz juristischer Kunstgriffe.

So müssen die Betroffenen ihre Ansprüche an eine Verbraucherorganisation wie den Verein für Konsumenteninformation (VKI) abtreten, der dann die Klage einbringt und bei Erfolg die erstrittene Summe dann teilt. Dies war etwa bei den erfolgreichen Prozessen gegen heimische Banken wegen ihrer unfairer Zinsgleitklauseln der Fall.

Die Alternative ist ein Musterprozess eines einzelnen Geschädigten, doch geht das nur, wenn der Beklagte freiwillig auf die Verjährung verzichtet. Das war der Weg, der beim Salzburger WEB-Prozess eingeschlagen wurde. Beide Optionen sind aus Sicht des Justizministeriums unbefriedigend, denn sie schrecken potenzielle Kläger ab.

Erleichterung

Ein ausgeprägt konsumentenfreundlicher Entwurf von Justizministerin Maria Berger sieht eine Erleichterung bei Sammel- und Musterklagen vor. Dagegen läuft die Wirtschaft Sturm: Sie warnt vor einer Flut frivoler Schadenersatzverfahren wie in den USA und hohen Kosten für Unternehmen. Rund 60 Einwände wurden im Begutachtungsverfahren eingebracht, die ÖVP und die Rechtsanwaltkammer lehnen vor allem die neue Musterklage ab.

Bei der Sammelklage streiten SPÖ und ÖVP derzeit um die Zugangsbestimmungen. Während der Entwurf bereits bei drei Klägern und 50 Ansprüchen die Möglichkeit einer Sammelklage vorsieht, will Wirtschaftsminister Martin Bartenstein diese Hürde auf zehn Kläger und 100 Ansprüche erhöhen. Hier ist Berger gesprächsbereit. Bartenstein fordert weiters einen Mindeststreitwert von 36.000 Euro, um "Bagatellstrafen" zu verhindern, und einen Prozesskostenvorschuss. (ef, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.9.2007)