Läppische drei Monate hat der britische Premier Gordon Brown gebraucht, um seinen einst so gefeierten Amtsvorgänger Tony Blair in die Vergessenheit und die Tories an den Rand der Verzweiflung zu befördern. Der puritanisch erzogene Pfarrerssohn, der uncharismatische Streber, der muffelige Langweiler – er hat die meisten Briten überrascht. Die noch vor wenigen Monaten stark schwächelnde Labour-Partei hat sich in den Umfragen deutlich vor die Konservativen gesetzt. Die Labour-Parteigänger bejubeln ihren neuen Chef, während der smarte Oppositionsführer David Cameron seine entmutigten Parteikollegen erst einmal wieder motivieren muss.

Es ist wohl gerade die Tatsache, dass mit Brown nicht wieder ein etwas unsteter Showmaster an der Spitze der Regierung steht, die seinen Erfolg begründet. In Zeiten der Krise – während der gescheiterten Anschlagsversuche von London und Glasgow, der Überschwemmungen, der Maul- und Klauenseuche und zuletzt selbst der Krise um die Northern-Rock-Bank – bewahrte er die Ruhe und vermittelte Stabilität. Jetzt konzentriert er sich auf solide Sachthemen, bessere Bildung, bessere Gesundheit, weniger Kriminalität. Der Blair-Faktor – er wirkt nicht mehr. Deshalb kann auch Cameron nicht mehr mithalten.

Kein Wunder also, dass die Frage vorgezogener Neuwahlen immer drängender gestellt wird. Brown hat sich bis jetzt nicht in die Karten schauen lassen. Aber der Moment ist günstig: Kaum einer zweifelt am haushohen Sieg von Labour, sollten die Wähler in den nächsten Wochen an die Urnen gerufen werden. Zu lange sollte der Premier mit dieser Entscheidung nicht mehr warten – und wird es wohl auch nicht. Denn die nächsten Konflikte sind schon abzusehen, mit dem öffentlichen Dienst und den Gewerkschaften über die Reformvorhaben, mit Teilen der eigenen Partei über schärfere Anti-Terror-Gesetze und die EU-Verfassung. Dann ist es mit der Harmonie vorbei.