1904 fuhr eine Dampfstraßenbahn unter der Triumphpforte hindurch...

Foto: Stadtmuseum Innsbruck/Sammlung Walter Kreutz,

...heute dominiert auch hier der Pkw.

Foto: Hannes Schlosser
Alle Fotos stammen aus der Sammlung von Walter Kreutz - Manche Abbildung wird selbst für intime Innsbruckkenner zum Rätselbild

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Auch mit 76 Jahren steht Walter Kreutz noch regelmäßig in seiner Schwarz-Weiß-Dunkelkammer und entwickelt Fotos. Seit fast 60 Jahren sind Straßen- und Eisenbahnen seine bevorzugten Motive, deren Anziehung auf ihn in Kindertage zurückreicht. Kein Zufall, dass Kreutz nach der Matura 1950 sein gesamtes Berufsleben bei der Eisenbahn verbracht hat, angefangen vom Schneeschaufler und Wagenreiniger bis zur Übernahme von Leitungsaufgaben am Innsbrucker Hauptbahnhof. Seit Jahrzehnten erscheint weitum kaum eine einschlägige Publikation ohne Bahnfotos von Kreutz. Er schätzt, dass zwei Drittel seiner im Lauf der Zeit entstandenen 20.000 Fotos Verkehrsmittel abbilden, wobei die Entwicklung des Stadtraums von Innsbruck schon früh als logische Ergänzung dazugekommen ist.

Dachbodenschätze Zur regionalen Institution wurde Kreutz allerdings als Sammler alter Fotos. Vor allem in den 60er- und 70er-Jahren durchstöberte er die Dachböden von Fotogeschäften und rettete oft im letzten Moment tausende Glasplatten aus der Urzeit der Fotografie nach 1850 vor der Vernichtung - manchmal kam er auch zu spät. "Wenn man rückwärts geschaut hat, dann hat man nichts Gescheites gesehen", begründet Kreutz das in den 1960ern geringe Interesse an der Vergangenheit, weshalb ihm dieses Feld im Raum Innsbruck fast konkurrenzlos geblieben war. Mit der Zeit sprach sich seine Sammlertätigkeit herum und mancher fotografische Nachlass landete in seinen Händen.

2001 hat sich Kreutz mit der Stadt Innsbruck auf eine schrittweise Übergabe seiner rund 60.000 Fotos, Negative und Glasplatten an das Stadtmuseum/Stadtarchiv geeinigt. "Für die Dokumentation der Stadtentwicklung ist das ein wahrer Schatz", sagt Josefine Justic, die für die Archivierung und Digitalisierung der Sammlung verantwortlich ist.

Die am Donnerstag eröffnete Ausstellung ist bereits die dritte mit Fotos aus der Sammlung Kreutz. Sie zeigt 215 Fotos, geordnet nach den Stadtteilen Innsbrucks, wobei die Aufnahmedaten vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu einzelnen Farbfotos aus den 1970ern reichen. Primär soll die Ausstellung Einheimische ansprechen und zu einer historischen Entdeckungsreise einladen, sagt Justic. Dabei gerät manches zur Rätselaufgabe, so einschneidend sind die Veränderungen vielerorts. Etwa bei der "Grassmayrkreuzung" wo vor 50 Jahren noch die Westbahn Richtung Arlberg die schmale Straße vom Brenner herunter kreuzte.

Früher Freiflächen Heute ist dort eine der stauanfälligsten Kreuzungen der Stadt und die Bahn längst verlegt. Auch für Menschen, die sich in Innsbruck nicht so gut auskennen, wird deutlich, wie sehr in wenigen Jahrzehnten der Moloch Individualverkehr zum prägenden Element im Stadtbild geworden ist. Offensichtlich wird auch, dass die Stadt noch vor 50, geschweige denn vor 100 Jahren über großzügige Freiflächen verfügte. "Eine Stärke der Sammlung liegt darin, dass viele Fotos den Alltag der Menschen zeigen", betont Kreutz. (Hannes Schlosser/DER STANDARD – Printausgabe, 29./30.9.2007)