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Rigoros mit Festnahmen reagierte die Polizei in Washington auf die Demonstranten, die gegen den Klimagipfel von US-Präsident George W. Bush protestierten.

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Unklar blieb, ob sich die USA bei der UN-Klimakonferenz im Dezember zur Einhaltung international geregelter Treibhausgasreduktion verpflichten werden.

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Der Blaue Planet leuchtet. Indien ist von Monsunwolken bedeckt, während die Arabische Halbinsel im Sonnenschein liegt. Schöne, bunte Satellitenaufnahmen, kreisrund wie der Globus, zieren den Saal. Es ist, als würde gleich Al Gore auftauchen, Bill Clintons Vizepräsident, den Hollywood für einen mahnenden Umweltfilm mit dem Oscar auszeichnete.

Aber nicht Al Gore taucht auf, sondern James Connaughton. Ein Beamtentyp mit schütterem Haar, der die Journalisten im Loy Henderson Conference Room mit Phrasen langweilt. Mittendrin greift der Berater des Weißen Hauses zur gewagten Behauptung: "Wir Amerikaner tun doch schon heute mehr als alle anderen." Von Kernkraftwerken spricht Connaughton, von moderner Technik, die den Klimaschaden schon reparieren werde. Nichts davon ist neu.

Nette Atmosphäre

Was neu ist, ist allenfalls die nettere Atmosphäre - in der Konferenz. Draußen nahm die Polizei dutzendweise Demonstranten fest. Am besten lässt sich diese nette Atmosphäre ablesen an Harlan Watson, dem Chef-Unterhändler der USA bei den Gesprächen über globale Erwärmung. Vor zwei Jahren, auf einem UN-Kongress in Montreal, hatte er den Verhandlungssaal noch unter lautem Protest verlassen. "Dieser Prozess schnattert wie eine Ente, er bewegt sich wie eine Ente, er ist eine Ente!", rief er und stürmte hinaus.

Hatte "Duck" Watson, wie er fortan genannt wurde, damals noch kategorisch erklärt, dass sich die US-Regierung keinesfalls auf Bindendes zur Verringerung der Schadstoffemissionen einlasse, so spricht er nun freundlich von globalen Zielmarken, "bis 2050, so etwa in der Art".

Europäische Politiker verlangen, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2050 zu halbieren, damit sich die Erde um höchstens zwei Grad Celsius erwärmt und Katastrophenszenarien verhindert werden. Watson dagegen vermeidet es, konkrete Zahlen zu nennen.

Britische Delegierte sprechen hinter vorgehaltener Hand von einer Micky-Maus-Konferenz, einer reinen PR-Übung, um George W. Bush vor umweltfreundlicher Kulisse über die Bildschirme flimmern zu lassen.

Sigmar Gabriel, der deutsche Umweltminister, hatte im Vorfeld das Prinzip Hoffnung beschworen. "Alles, was die Amerikaner zurückbringt zur Klimadebatte, ist hilfreich. Aber die Amerikaner dürfen keine Illusionen darüber haben, wohin das führen muss. Alles muss in den internationalen Prozess einfließen."

Erfolg ungewiss

Wer international sagt, meint den Klimagipfel, der im Dezember auf der indonesischen Insel Bali ins Haus steht. Dort wollen sich die Europäer bemühen, die Weichen für die Zeit nach 2012 zu stellen, wenn das Kioto-Protokoll über reduzierten Kohlendioxid-Ausstoß ausläuft. Ob Schwergewichtler wie die USA, China und Indien mitmachen, sich zu globalen Reduktionsmarken verpflichten, bleibt vorläufig offen. Immerhin, Optimisten fühlten sich ein wenig bestärkt durch die Rede, die Condoleezza Rice am Donnerstag auf dem Kongress hielt.

Rhetorisch etwas verbindlicher als die Unterhändler des Weißen Hauses sprach die Außenministerin der Vereinigten Staaten von der Pflicht, einen "neuen internationalen Konsens" zum Klimawandel zu schmieden. "Wenn wir auf dem jetzigen Pfad bleiben, stehen wir vor einer inakzeptablen Wahl: Entweder opfern wir wirtschaftliches Wachstum, um die Gesundheit unseres Planeten zu sichern, oder wir opfern die Gesundheit unseres Planeten, um unser fossil befeuertes Wachstum fortzusetzen." (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30. 9. 2007)