Zukunftsland im Wüstensand: Nach Ende des Irak-Kriegs strömen die Mittel zum Wiederaufbau in das Mittelstromland.

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Zwei Mal in der Woche wird an der Iraqi Stock Exchange gehandelt.

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Das Gesamtvolumen der ISX liegt heute bei 1,5 Milliarden Dollar.

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Björn Englund (li) und Dara Maghdid

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Gefahr liegt dem Schweden nach eigenen Angaben "im Blut": In den späten 1980er Jahren ist Björn Godvig Englund als UN-Soldat im Libanon, in den 90ern in Kuwait und während des Golfkriegs im Irak stationiert. Dass Krisengebiete mitunter ein nicht zu unterschätzendes Anlage-Potential in sich bergen, zeigt der heute 39-Jährige, als er im August vergangenen Jahres den weltweit ersten offenen Irak-Fonds, den "Babylon Fund" (ISIN: VGG 069 901 087), auflegt. Ein High-Risk-Investment für Nervenstarke mit Geld. 100.000 Dollar muss der Anleger bei einer Beteiligung mindestens auf den Tisch legen und einiges aushalten, denn neben der prekären Sicherheitslage gehören Korruption, Betrug und Intransparenz bei Unternehmensabläufen zum Alltag.

Doch die Voraussetzungen für Investitionen sind da: Nach Ende des Irak-Kriegs strömen die Mittel zum Wiederaufbau in das Mittelstromland. Im September 2004 unterzeichnet die Regierung des Landes ein Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds in Höhe von 436 Millionen Dollar. Bis Ende dieses Jahres wird die internationale Staatengemeinschaft 33 Milliarden Dollar als Wirtschaftshilfe in den Wüstenstaat gepumpt haben - keine schlechten Aussichten also für Investoren. "Den Start des 'Babylon Fund' haben wir auf dem Großvenediger gefeiert", so Englund, der im übrigen Mitglied beim Österreichischen Alpenverein ist.

Handel zwei Mal die Woche

Vor drei Jahren nimmt die irakische Börse (ISX) ihre Arbeit wieder auf, gehandelt wird allerdings nur zwei Mal die Woche, montags und mittwochs, jeweils zwei Stunden lang. Immerhin - denn bereits 1992 gibt es in Bagdad eine Aktienbörse. Diese ist allerdings vollständig staatlich kontrolliert, weshalb sich die heutige Börse ausdrücklich nicht als deren Nachfolgerin ansieht. Der Börsenhandel findet zu Beginn im Hinterzimmer einer Gaststätte statt, inzwischen befindet sie sich in einem eigenen, bewachten Gebäude. 2007 sind 93 Unternehmen gelistet, 2006 waren es 80.

Das Gesamtvolumen der ISX liegt heute bei 1,5 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: In den Nachbarländern Türkei und Iran liegt es bei 40 bzw. 115 Milliarden Dollar.

Englund ist Gründer und zugleich Hauptaktionär der Godvig Capital Management mit Sitz auf den britischen Jungferninseln. Seine Geschäfte managt der - wie er sich selbst bezeichnet - "gewiefte Geschäftsmann" von Luxemburg aus. Das Büro in Bagdad befindet sich außerhalb der so genannten "Grünen Zone", die Geschäfte werden vor Ort ausschließlich über irakische Mitarbeiter abgewickelt. "Ich wäre das perfekte Ziel - blond und blaue Augen", so Englund. Und so wagt er sich selbst vorläufig nur in das Büro in Erbil in Kurdistan, dem relativ sichereren Norden des Landes.

80 Prozent des neun Millionen Dollar schweren Portfolios des "Babylon Fund" sind bereits investiert. 30 Prozent davon direkt im Irak. Aufgrund der mangelnden Liquidität an der ISX und der begrenzten Auswahl an Titeln greift Englund unter anderem auf Werte aus Kuwait, Jordanien und Ägypten zurück, die stark von der wirtschaftlichen Entwicklung im Irak abhängig sind. Besonders dominant vertreten sind Bankwerte und Ölfirmen. So finden sich im Fonds unter anderem die Commercial Bank of Iraq mit einer Marktkapitalsierung von 121 Millionen US Dollar, die Baghdad Bank (147 Mio. US Dollar), die Kurdistan International Investment Bank (121 Mio. US Dollar) und die El Salam Bank (323 Mio. US Dollar), erläutert Dara Maghdid, Fonds-Analyst an der ISX. Flaggschiff der Investitionen außerhalb des Irak ist die Ölfirma DNO ASA in Norwegen, die im Tawke Feld im nördlichen Kurdistan nach Öl bohrt. Zudem gibt es Beteiligungen an der kanadischen Addax Petroleum und der irischen Petrel Resources.

Bis Ende 2006 erzielte der Fonds ein Plus von 1,1 Prozent, bis Mai 2007 waren es bereits 3,9, bis Ende Juli immerhin 3,8 Prozent. Für Englund erst der Beginn: "Wir erwarten uns 20 bis 25 Prozent Performance in den nächsten fünf Jahren."

Bleibt zu hoffen, dass die Annahme nicht zu blauäugig ist. (Sigrid Schamall)