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Sind GeisteswissenschafterInnen die Cash-Cows von morgen?

Foto: Archiv

Da lümmeln sie vor ihren Wälzern. Lesen Kant, lesen Hegel oder beschäftigen sich mit den Grundlagen der Schriftkunde des Mittelalters und der Neuzeit. "Wozu das denn? Reines Privatvergnügen, finanziert vom Steuerzahler ohne Aussicht auf einen angemessenen Job!", lauten die Unkenrufe. Dass geisteswissenschaftliche Studien auch noch im Jahr 2007 ihre Berechtigung haben, ja vielleicht sogar wichtiger denn je sind, ist eine denkbar unmoderne Position. StudentInnen der Geisteswissenschaften werden gerne als naive, weltfremde Spinner hingestellt. Wird über akademische Bildung diskutiert, steht die Frage nach ihrer ökonomischen Verwertbarkeit an oberster Stelle. "Bildung als Selbstzweck" war gestern.

Aber es sind die HistorikerInnen, die uns dabei helfen, das was ist, vor dem Hintergrund vergangener Ereignisse zu verstehen. Mitunter ist es ihre Aufgabe, bedenkliche Strömungen in der Gesellschaft erkennen und benennen zu können.

Früher oder später begibt man sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens. Die einen kaufen sich ein schnelles Motorrad und brausen in schwarzer Lederkluft über die Autobahnen des Landes. Die anderen stürmen nach dem Motto "Häkel dich stark und töpfere dich frei" die Volkshochschulen. Bei den PhilosophInnen nachzufragen ist aber auch eine Option. Sich von Platons Höhlengleichnis bis ja vielleicht sogar zu den Theorien der feministischen PhilosophInnen vorzutasten, kann auch bei der Suche nach dem Sinn helfen.

Kritik und Zweifeln gehören zum Wesen der Geisteswissenschaften. Aber zweifellos wäre es angebracht, dass die ProfessorInnen den angehenden GeisteswissenschafterInnen öfter sagen "was ihr macht, macht Sinn", anstatt ihnen ständig vorzujammern "ihr findet ohnehin keinen guten Job". Zweifellos müssen die Geisteswissenschaften auch immer wieder der Welt erklären, wozu sie eigentlich gut sind. Und die Wirtschaft muss erkennen, dass es eine Denkweise jenseits der Chicagoer Schule gibt, ohne die es schwierig ist, die Welt zu verstehen und zu "managen". Die Arbeit der GeisteswissenschafterInnen muss endlich auch angemessen honoriert werden. Ja, vielleicht sind die GeisteswissenschafterInnen die Cash-Cows von morgen. (Katrin Burgstaller/ derStandard.at, 2. Oktober 2007)