"Es ist besser als wir befürchtet haben." So lautet die wohlwollendste Einschätzung von Ulrike Lunacek zum Vorschlag der ÖVP-Perspektivengruppe zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften. Positiv sei aus ihrer Sicht, dass die Gruppe um Landwirtschaftsminister Joseph Pröll ein Rechtsinstitut am Standesamt vorsehe. Doch dann folgen viele Abers.

Denn dass eine Sonderregelung für homosexuelle Partnerschaften geschaffen werde, sei ein "Konzept aus dem letzten Jahrhundert". Die Zeiten hätten sich geändert: "Selbst im katholischen Spanien oder in Südafrika gibt es die Ehe für homosexuelle Partnerschaften", so Lunacek im derStandard.at-Gespräch. Die Grünen forderten daher sowohl einen zivilrechtlichen Akt (der von den Grünen vorgeschlagene "Zip" steht auch heterosexuellen Paaren offen) als auch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner.

Ganz normale Partnerschaften

Dass genau dies auch von der Perspektivengruppe abgelehnt wird, ja gar eine klare Abgrenzung zur Ehe gefordert wird, hält die Grünen-Abgeordnete für realitätsfremd. Es zeige, dass „die ÖVP immer noch nicht wahrhaben will, dass Lesben und Schwule in ganz normalen Partnerschaften leben."

Das im Perspektivenpapier vorgebrachte Argument, die Vorschläge müssten im Interesse der Kinder, bezeichnet sie als "absurd": "Dass Kinder in Familien mit gleichgeschlechtlichen Paaren leben ist Realität. Ich kenne genügend davon", ärgert sich Lunacek. Indem man ihnen das Adoptionsrecht verweigere, schaffe man "Kinder zweiter Klasse". Einer Familienpartei wie der ÖVP müsse dies zu denken geben, findet die Grünen-Abgeordnete.

Nur Vorschläge

Wie dem auch sei, all die Vorschläge, über die nun diskutiert wird, seien eben nur Vorschläge. "Es kommt darauf an, wie der Gesetzesvorschlag aussieht", warnt sie vor voreiliger Freude. Viele Fragen sind aus der Sicht der Grünen-Abgeordneten noch offen. Sollte die ÖVP tatsächlich das Schweizer Modell übernehmen, sei das "immerhin schon etwas". Schließlich sehe dies eine Gleichstellung auch im Steuer- und Erbrecht sowie in der Sozialversicherung vor. "Die große Frage wäre, ob auch ausländische Partner die gleichen Rechte bekommen, denn auch das ist im Schweizer Modell vorgesehen."

Äußerst skeptisch ist auch der Präsident des Rechtskomitees Lambda, Helmut Graupner: "Was Schüssel gestern gesagt hat, ließ bei mir die Alarmglocken schrillen", erzählt er im derStandard.at-Gespräch. Denn der ÖVP-Fraktionschef habe ganz klar festgestellt, dass es keine Gleichstellung in allen, sondern nur in "wichtigen" Bereichen geben soll. Sollte sich herausstellen, dass der einzige Unterschied zur jetzigen Situation darin bestehe, dass man vor dem Standesamt die Partnerschaft einträgt, "dann können wir darauf verzichten", ärgert sich der Rechtsanwalt.

"Augenauswischerei"

Vertraglich ließen sich nämlich lediglich die Beziehungen zwischen zwei Personen regeln, nicht aber jene zum Staat. "Das bedeutet, dass es keine Gleichstellung im Steuer- und Fremdenrecht sowie in der Sozialversicherung gibt", ärgert sich Graupner und warnt vor einer "Mogelpackung".

Ähnlich vernichtend seine Kritik an der nunmehr abgelehnten Adoption: "Bislang haben alle ÖVP-Politiker, mit denen wir gesprochen haben, unisono erklärt, die Stiefkindadoption sei kein Problem und nun wird die Adoption erstmals generell abgelehnt." Die Begründung der Konservativen, dies sei im Interesse der Kinder, treibt den Rechtanwalt geradezu auf die Palme: "Das Gegenteil ist der Fall. Wenn es im Interesse des Kindes ist, dass es keine Unterhaltsrechte hat, keine Erbrechte gegenüber dem Stiefvater oder der Stiefmutter, wenn es in völliger Unsicherheit ist, wie es mit ihm weitergeht, wenn sein Vater oder seine Mutter im Koma liegt oder stirbt, wenn all das dem Schutz der Kinder dient: Na dann Gute Nacht!" (sof/derStandard.at/2.10.2007)