Die Ankündigung des Präsidenten vom Montag, als Spitzenkandidat der Kreml-Loyalen Partei „Einiges Russland“ in die Parlamentswahlen am 2. Dezember zu gehen und für das Premiersamt zu kandidieren zeige, „dass Putin nicht von der Macht lassen will“, meinte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im deutschen Bundestag, Ruprecht Polenz. Während sich US-Außenministerin Condoleezza Rice über die „Konzentration von Macht im Kreml“ besorgt gab, beschränkte sich das Weiße Haus auf die Erklärung, die Russen müssten in „freien, gleichen und demokratischen“ Wahlen selbst entscheiden, ob sie Putin als Regierungschef haben wollten.
Und das wollen sie, wie eine schon zuvor durchgeführte Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Wziom zeigt: 55 Prozent würden für eine „Putinpartei“ stimmen, während andere Parteiführer maximal auf vier Prozent kommen. Wohlgemerkt hätte eine „Putinpartei“ unter den Frauen (61 Prozent) weit mehr Anhänger als unter Männern (47 Prozent). Auch steigt die Unterstützung mit zunehmendem Wohlstand.
Nach der vorherrschenden Auffassung in Russland ist Putin nicht unumschränkter Alleinherrscher, sondern Frontmann eines kleinen Kreises von KGB-Veteranen. Ob er also die Verfassung für eine dritte Amtszeit geändert hätte, oder einen anderen zum Nachfolger vorschlägt und selbst auf eine andere Schaltstelle wechselt, wird in der politischen Apathie des Landes als sekundär erachtet. Die Weltöffentlichkeit freilich hätte eine Verfassungsänderung für eine dritte Amtszeit lautstark angeprangert.
Russische Medien strichen Dienstag hervor, dass der Plan Putins die Präsidentenwahlen von den zuletzt immer schneller gesponnenen Intrigen um die Nachfolge befreit. Stattdessen würde die Aufmerksamkeit auf die Partei und die Regierung gelenkt. Letztere stand ja bisher mit ihren geringen Vollmachten immer im Schatten des übermächtigen Präsidenten.
Die meisten Beobachter in Russland gehen davon aus, dass Putin und sein Vertrauter Viktor Subkow, den er soeben zum Premier gemacht hat, nächstes Jahr einfach die Sessel tauschen. Subkow könnte der Mann sein, mit dem Putin, wie er es nannte, „im Tandem arbeiten“ könnte. Das Machtzentrum würde zur Regierung und zum Parlament hinwandern, und „das muss nicht unbedingt juristisch formalisiert werden“, so Alexej Makarkin vom Zentrum für politische Studien in Moskau.
Zwei Machtvertikalen