Klarer Ausblick gesucht: Die Probleme der chinesischen Wirtschaft - Überhitzung, hohe Inflation und stark steigende Löhne - lassen sich nicht wegwischen.

China wächst. Der Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt hat im Vorjahr 10,7 Prozent betragen, heuer legt die Wirtschaft neuerlich in diesem Ausmaß zu. Das Wachstum ist auch an den zahlreichen Baustellen zu erkennen. Vor allem in Peking, wo Baukräne zum derzeitigen Stadtbild gehören.

Egal ob es Zugverbindungen sind, Hotels, Bürogebäude, Wohnkomplexe - gebaut wird alles, und das schnell. 24 Stunden sind die Baustellen besetzt. "2008 ist alles fertig", erklärt Zhou Zhanfeng, Deputy General Manager von China Cyts Tours.

Die Stadt bereitet sich auf die olympischen Sommerspiele vor, und das ist deutlich am Stadtbild zu erkennen. Werbeschilder, Olympia-Stores, Plakate; der Countdown läuft - an mehreren Plätzen in der Stadt werden die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden bis zur großen Eröffnungsshow am 8. August 2008 gezählt.

Die Baukräne gehören aber nicht nur in Peking zum Stadtbild. "Die Bauwirtschaft boomt, das wird auch nach Olympia weitergehen", sagt Angelo Corbetta, Chef der Portfolio Management Singapore von Pioneer Investments. Von einer Überhitzung der Bautätigkeit sei keine Spur, "um die Produktivität Chinas zu erhöhen, braucht es gute Transportverbindungen".

Das schnelle Wachstum bereitet Ökonomen aber auch Sorgen. Die Inflationsrate lag im August mit 6,5 Prozent auf dem höchsten Niveau seit fast elf Jahren. Chinas Führung ist bemüht, eine Überhitzung zu verhindern. Die chinesische Notenbank hat zuletzt am 14. September die Leitzinsen erhöht - zum fünften Mal in diesem Jahr. Weitere Zinsschritte könnten folgen.

Konsumboom Die chinesische Währung Renminbi wurde zuletzt aufgewertet, um chinesische Waren für Ausländer zu verteuern, Importe zu fördern und den Handelsbilanzüberschuss zu reduzieren.

"Die treibende Kraft für weiteres Wachstum in China wird vor allem der Konsum sein", erklärt Investment-Experte Corbetta vor Journalisten in Peking. Denn die Löhne in den Großstädten steigen, und damit verändere sich auch das Einkaufsverhalten. 2008 soll der Konsum von 5,4 Prozent (2006) auf 8,6 Prozent zugelegt haben, 2020 soll die Konsumrate die Grenze von 20 Prozent überschreiten. Derzeit verdienen laut Corbetta rund 47 Millionen Chinesen im Schnitt 3000 US-Dollar pro Jahr. Spätestens 2015 könnten bereits 470 Millionen Chinesen so viel beziehen. 50 Prozent der Bevölkerung in Peking und Shanghai sollen dann bereits 5000 US-Dollar verdienen.

Der Aufschwung bringt für China neue Sorgen. Die Lohnkosten steigen, damit könnte China den Ruf als Billiglohnland verlieren. "Die Ära der Billigarbeitskräfte wird enden", sagt Corbetta. Das Land müsse die Produktivität steigern, um konkurrenzfähig zu bleiben. Auch im Umweltbereich und der Wasseraufbereitung muss China noch stark aufholen. Ein großes Problem werden die Pensionszahlungen darstellen.

Auch die Kosten für Wohnraum explodieren. 2006 hat in Peking der Quadratmeter durchschnittlich 1000 US-Dollar gekostet, eine durchschnittliche Wohnung mit 90 Quadratmetern 91.000 US-Dollar - und damit rund 15-mal so viel wie das BIP pro Person. Gebaut wird viel, und neue Häuser bringen mehr Wettbewerb. Bei den oberen Immobiliensegmenten - Häuser und Vorstadtvillen - wird bereits vor einer Immobilien-Blase gewarnt. (Bettina Pfluger aus Peking, DER STANDARD Printausgabe 03.10.2007)