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TA-Chef Boris Nemsic: ""Wir sind einfache Mobilfunker."

Foto:AP/Zak
Wien - Nach den guten Erfahrungen in Bulgarien kauft die Telekom Austria (TA) erneut im "Second-Hand-Shop Schlaff". Diesmal ist es Weißrussland, wo die TA den Mobilfunker MDC mehrheitlich übernimmt. In einem ersten Schritt erwirbt die TA 70 Prozent am zweitgrößten Mobilfunkunternehmen, sie zahlt dafür rund 730 Millionen Euro. Auf die restlichen 30 Prozent an der in Zypern domizilierten MDC-Eigentümergesellschaft SB-Telecom Ltd, die je zur Hälfte den Geschäftsmännern Id Samawi (aus Syrien) und Martin Schlaff (Österreich) gehört, hat die TA eine Option bis 2010.

Das letzte Drittel wird laut TA-Generaldirektor Boris Nemsic und Finanzchef Hans Tschuden rund 320 Millionen Euro kosten. Der definitive Kaufpreis für die laut Tschuden "gering verschuldete" MDC wird erst ermittelt, wenn die Bilanz feststeht.

"Habe den Präsidenten nicht getroffen"

Den Vorwurf, die TA mache mit ihrem Engagement in Weißrussland erstmals Geschäfte in einer Diktatur, konterte Nemsic in der - vier Stunden nach dem Signing in Genf - am Mittwochvormittag eilig einberufenen Pressekonferenz so: "Wir sind einfache Mobilfunker, und ich habe den Präsidenten (Alexandr Lukaschenko, Anm.) nicht getroffen." Politische Risiken könne man generell nicht absichern, dafür gebe es keine Versicherung. Und: "Es ist nicht meine Aufgabe, politische Verhältnisse zu kommentieren."

Angesichts der von der EU drastisch heruntergesetzten Roaming-Tarife erwartet sich die TA von MDC, die unter den Marken "Velcom" und "Privet" funkt, üppiges Wachstum. Velcom hat aktuell 2,9 Millionen Kunden oder 42 Prozent Marktanteil. Und erst 66 Prozent der zehn Millionen Weißrussen haben ein Handy. Außerdem "ist der Markt sehr wenig reguliert", wie Nemsic strahlend verkündete. Die Anleger teilten seine Freude, TA-Aktien waren satt im Plus - auch deshalb, weil Analysten den Kaufpreis als sehr günstig ansehen.

"Türöffner" Schlaff

Ihm zugrunde liegt laut Tschuden das 5,9-fache des für 2008 erwarteten operativen MDC-Ergebnisses vor Zinsen und Abschreibungen. Und: Er könnte sich maximal auf das 6,5-fache erhöhen, womit auch skizziert ist, was die dreijährige Behaltefrist der Investorengruppe rund um "Türöffner" Martin Schlaff kostet. MDC, von Tschuden als "extrem profitabel" beschrieben, setzte 2006 rund 263 Millionen Euro um und erzielte dabei eine Ebitda-Marge von rund 60 Prozent.

Tschuden erwartet eine Erhöhung der Verschuldung auf das rund 2,5-fache des Ebitda. Durch den Cash Flow soll dieser Wert bis Ende 2008 wieder auf das Zweifache zurückgeführt werden. Erst danach werde das nun ausgesetzte Aktienrückkaufprogramm wieder aufgenommen. Die versprochenen Dividendenzahlungen von 65 Prozent des Reingewinnes bleiben unberührt, so der TA-Mann. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.10.2007)