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Zumindest einen Teil der Raffinerie Schwechat würde die OMV bei einer Fusion mit Mol wohl hergeben müssen.

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Wien - Auf dem Papier sind alle Europäer, im täglichen Leben sieht es freilich anders aus: Da zählt zuallererst, woher jemand kommt; erst in zweiter Linie interessiert, was jemand macht.

Die nationalistischen Töne rings um die geplante Übernahme des ungarischen Mineralölkonzerns Mol durch die heimische OMV sind der aktuellste, aber sicher nicht letzte Beleg dafür. Angesichts der aufgeheizten Stimmung, die es in Ungarn gegen das Werben der "bösen Österreicher" um die Gunst "ihrer heiß geliebten" Mol gibt, müsste die OMV wohl ungarisch werden und mit Sack und Pack nach Budapest übersiedeln, um in absehbarer Zeit ihren Traum Realität werden zu lassen.

Geplant war ein flotter Dreier

Dabei hat die OMV schon größer geträumt. Parallel zum Einstieg bei der Mol im Jahr 2000, als man die Gunst der Stunde nützte und ein Zehn-Prozent-Paket an Ungarns größtem Industriekonzern erwarb, hatte der damalige OMV-Vorstand mit Richard Schenz an der Spitze auch die polnische PKN im Auge. Ein flotter Dreier war geplant. OMV, Mol und PKN sollten zu einem österreichisch-ungarisch-polnischen Konzern zusammengespannt werden. Allein - es wurde nichts daraus. Schon damals konnte man sich nicht einigen, wer führt.

Dieser Traum ist mittlerweile Schnee von gestern, die Polen sind auf absehbare Zeit mit sich selbst beschäftigt. PKN Orlen hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur groß in den deutschen Tankstellenmarkt eingekauft, sondern hat auch Raffinerien in Litauen (aus der Konkursmasse von Yukos) und Tschechien (Unipetrol) erworben.

Nun möchte die zu 32 Prozent dem Staat gehörende PKN mit der Nummer zwei der Branche, der mehrheitlich in Staatsbesitz befindlichen Lotos-Gruppe in Danzig, fusionieren. Damit würde ein Ölriese mit umgerechnet rund 17 Mrd. Euro Umsatz entstehen.

Der OMV, die es auf gut 19 Mrd. Euro Umsatz bringt, bleibt im Grunde nur die Mol, um mit einem Schlag in eine neue Dimension zu wachsen. Dasselbe gilt umgekehrt auch für die rund zehn Mrd. Euro schwere Mol. Wenn sich die Ungarn nicht mit den Russen ins Bett legen wollen, werden sie früher oder später mit der OMV sprechen müssen.

Nicht ewig werden die Raffineriemargen so hoch bleiben und Monat für Monat fette Gewinne in die Kassen spülen wie zurzeit. Ob ein Unternehmen gut aufgestellt ist, zeigt sich in der Krise.

Ein Fall für Brüssel

Sollten OMV und Mol à la longue doch zusammenfinden, wird mit Sicherheit auch die EU-Kartellbehörde mitreden. Aufgrund von Überlappungen kämen OMV und Mol bei Tankstellen und im Raffineriegeschäft zusammen auf Marktanteile, die von wettbewerbsrechtlichem Standpunkt aus betrachtet ungesund sind. Dies gilt insbesondere für den Raffineriebereich. Nicht weniger als drei Raffinerien befänden sich dann im Umkreis von weniger als 150 Kilometern im Besitz von ein und demselben Unternehmen, nämlich Schwechat mit 9,5 Mio. Tonnen Jahreskapazität, Slovnaft mit 5,5 Mio. und Száshalombatta bei Budapest mit 8,1 Mio. Tonnen.

Zumindest bei einem der Standorte wird man wohl interessierte Dritte hereinnehmen müssen. Gut möglich, dass dieses Los die Raffinerie Schwechat trifft, die im Vergleich zu Slovnaft und Száshalombatta bei den Kennzahlen schlechter dasteht. Dies gilt freilich nur, wenn es zur Fusion von OMV und Mol kommt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.10.2007)