Minsk/Wien - Weißrussische Medien, die Wirtschaftsnachrichtenagentur AFN und die Zeitung Delowaja Gaseta versuchten, Hintergründe des MDC-Deals offen zu legen: Sie vermuten, dass Präsident Alexandr Lukaschenko von Anfang an die Österreicher auserkoren hatte: Der Gas- und Ölkonflikt mit Russland habe Lukaschenko in Finanznöte gebracht. Die Bevölkerung begann Rubel in Dollars zu tauschen. Zur Stützung wurde ein Drittel der Währungsreserven aufgebraucht.

Die weißrussische Priorbank, eine Raiffeisen-International-Tochter, habe laut Berichten am 25. Jänner die Ausgabe von Rubelkrediten eingestellt. Am 26. Jänner jedoch hat Raiffeisen-Aufsichtsrat und RZB-Vorstand Patrick Butler der Regierung zugesagt, die Investition von einer Milliarde Euro in Weißrussland zu unterstützen. Am selben Tag verlieh Lukaschenko RI-General Herbert Stepic den Orden für Völkerfreundschaft und sagte: "Sie haben sehr viel für Weißrussland und unsere Ökonomie getan und tun es". Die Agentur AFN verfügt über unbestätigte Daten, dass Raiffeisen dann über die Priorbank 300 Mio. Dollar zur Stützung der Währungsreserven überwiesen hat: Damit wäre das Vertrauen der Staatsführung wiedererlangt und die Kaution für Velcom hinterlegt worden.

Was dann auf der Oberfläche sichtbar war, ist kurz erzählt: Im April sagte Lukaschenko, man habe ihm für den Staatsanteil an Velcom 300 bis 500 Mio. Dollar angeboten. Im Mai traf er den syrischen Geschäftsmann Id Samawi, der über SB Telekom die Velcom-Mehrheit hielt. Im August kaufte Samawi zu.

Die Connection

Unter der Oberfläche sei indes Martin Schlaff ins Spiel gekommen: Laut AFN war einer der Gründer des Mobilfunkanbieters MDC der weißrussische Waffenexporteur Beltechexport, gegründet 1993 unter anderem mit "österreichischer" Teilnahme, nämlich der Firma SEN, einer Tochter der austrorussischen Handelskette Nordex des sowjetisch-israelischen Unternehmers Grigori Loutchansky. Dieser sei mit Schlaff beim lettischen Ölverschiffer Ventbunkers aufeinandergetroffen. Id Samawi sei auch über Beltechexport mit Weißrussland verbunden.

Der Ablauf hätte laut Medien auch die Ausschreibung eines Tenders verhindert, an dem wohl auch Russen teilgenommen hätten. Zuletzt hatte es geheißen, der russische Anbieter Wympelkom verhandle in Konkurrenz zur Telekom Austria. Laut eines Sprechers der Russen sei alles aber schon lange zuvor beendet worden. Ob die Akteure selbstständig oder im Interesse der weißrussischen Elite gehandelt haben, bliebe laut AFN offen. Verhüllte Privatisierungen gehen derzeit vermehrt vor sich. Der Deal mit Österreich ist der bisher größte. (red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.10.2007)