Der staubige Residenzplatz soll bis 2009 generalsaniert werden.

Foto: Stadt Salzburg
Salzburg - Im Moment ist der Residenzplatz im Herzen der Salzburger Altstadt fest in der Hand der Archäologen. Die Grabungsteams versuchen den unter der Kiesschicht verborgenen ehemaligen Domfriedhof samt Skeletten und Grabbeigaben freizulegen. Das muss rasch geschehen: Geht es nach den Vorstellungen der Stadtregierung, soll einer der prominentesten Plätze Österreichs bis zum Jahr 2009 ein vollkommen neues Gesicht erhalten.

Die Pläne dazu kommen vom Salzburger Architektenduo Andreas Knittel und Max Rieder. Sie haben sich in einem internationalen Wettbewerb gegen sieben Konkurrenten durchgesetzt. Knittel und Rieder wollen die staubige Schotterwüste durch eine Pflasterung mit mehrfarbigen Flusssteinen über den gesamten Platz ersetzen. Die Asphaltbahnen der Straßen sollen ebenfalls durch Kieselpflaster ersetzt werden. Um den Platz auch auto-, fiaker-, straßenschuh- und veranstaltungstauglich zu halten, werden die groben Steine auf den Verkehrsflächen verfugt. Geschätzte Kosten: maximal fünf Millionen Euro. Ursprünglich hatte man mit mindestens sieben Millionen Euro gerechnet.

Konterkariert werden soll dieser an sich konservative, an die historische Pflasterung angelehnte, Entwurf durch eine Glasplatte, durch die der unter dem Platz fließende Almkanal sichtbar gemacht wird, und durch eine Lichtskulptur als Mahnmal für die einzige von den Nationalsozialisten organisierte Bücherverbrennung auf österreichischem Boden. Am 30. April 1938 verbrannten unzählige Bücher jüdischer und demokratisch gesinnter Autoren, aber bis heute erinnert inmitten des Salzburger Touristentrubels nichts an diesen barbarischen Akt. Erst nach einigen Anläufen nahm der Stadtsenat auf Antrag der Bürgerliste einstimmig ein "bodeneben gestaltetes" Zeichen der Erinnerung in die Ausschreibungsvorgaben für die Platzgestaltung auf. Ursprünglich wollte die Stadt Salzburg nur eine kleine Gedenktafel am Rand des Platzes anbringen - nicht zuletzt, weil sich die politisch Verantwortlichen vor möglichen Medienkampagnen fürchteten.

Bewegliches Mahnmal

Nach den Plänen der beiden Architekten wird das Mahnmal für die Bücherverbrennung beweglich werden. Tagsüber soll es eine im Boden eingelassene Platte sein. Auf dieser sollen die prophetischen Worte Heinrich Heines aus dem Jahr 1821 zu lesen sein: "Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen." In der Nacht verwandeln auf Teleskoplanzen ausfahrbare Elemente das Mahnmal in eine Lichtskulptur, die auch wichtige Punkte des historischen Platzes beleuchten.

"Aus den Flammen wird Licht", beschreibt Architekt Knittel im Standard-Gespräch die Idee. Rieder betont "die Bewusstseinsbildung an einem historischen Ort". Am Tag sei der Platz Weltkulturerbe, in der Nacht würde ein zeitgenössisches Mahnmal "übertragene Gedenkarbeit" bieten. Damit werde den Salzburgern wie auch den Kulturtouristen eine weitere sensible Attraktion, "ein Attraktor zur nächtlichen Innenstadtaufwertung", angeboten, hofft Rieder. Für ihn ist eine "nächtlich-dialektische Beziehung zwischen Residenzbrunnen, Lichtskulptur und Gedenktafel evident."

Ganz neu ist der Vorschlag, die Bücherverbrennung mit Lichtelementen zu dokumentieren, allerdings nicht: So hat beispielsweise bereits 1998 der Münchener Aktionskünstler Wolfram Kastner, unterstützt von der Tochter Bert Brechts, Hanne Hiob, ein provisorisches Denkmal errichtet. Längerfristig wollten Kastner und Hiob die historische Brandstelle des Jahres 1938 ebenfalls mit einem Lichtkreis gekennzeichnet wissen.

Bis zur Umsetzung des aktuellen Vorschlags sind freilich noch einige Hürden zu nehmen. So muss beispielsweise im üblichen Behördenverfahren noch das Denkmalamt seine Zustimmung zur Pflasterung und zum beweglichen Denkmal geben. (Thomas Neuhold, DER STANDARD - Printausgabe, 5. Oktober 2007)