Doch die Rückkehr der ehrgeizigen Politikerin in ihre Heimat stand von Anfang an unter einem schlechten Stern.

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Ihr schwer zu beeinflussender Wille ist Benazir Bhutto am Ende wohl zum Verhängnis geworden. Immer wieder hatten Pakistans Sicherheitsbehörden die 54-jährige Oppositionspolitikerin in den vergangenen Wochen angeblich gewarnt, es lägen präzise Informationen über Attentatspläne gegen sie vor. Benazir Bhutto aber hielt an ihrem Wahlkampf fest. Öffentliche Auftritte, so gefährlich sie auch waren, genoss sie. Hier fand die Tochter des mächtigen Bhutto-Clans die Bestätigung für ihre „Mission“, die Demokratie nach Pakistan zurückzubringen. Am 27. Dezember 2007, am Ausgang eines Parks in Rawalpindi, fand dieser selbsterklärte Auftrag ein jähes Ende.

„Ich glaube nicht, dass mich ein wahrhafter Muslim angreifen würde“, sagte Bhutto noch am Tag ihrer Rückkehr aus dem Exil bei einer Pressekonferenz in Abu Dhabi. Baitullah Mehsud, ein mit den Taliban verbündeter pakistanischer Milizenführer hatte da erklärt, er würde Selbstmordattentäter gegen die bei den Islamisten verhasste Politikerin losschicken. „Der Islam verbietet Angriffe auf Frauen“, entgegnete Bhutto an jenem Tag, „Muslime wissen: Wenn sie Frauen angreifen, werden sie in der Hölle brennen“.

Bhutto flog nach Karatschi, der Heimatstadt ihrer Familie in Provinz Sindh und der Hochburg der Pakistan People‘s Party (PPP) ihres Vaters Zulfikar Ali Bhutto. Als knapp 30-jährige Frau hatte sie die Führung der Partei übernommen, nun stand sie – mittlerweile als Vorsitzende auf Lebenszeit gewählt – vor der Chance, zum dritten Mal Premierministerin zu werden: In die Parlamentswahlen am 8. Jänner zog die PPP als klare Favoritin. Bhutto hatte einen Großteil des Jahres damit verbracht, einen Handel mit Staatspräsident Pervez Musharraf zu erreichen und ihre Rückkehr aus dem Exil in London und Abu Dhabi vorzubereiten. Bhutto würde nach 1988 und 1993 ein weiteres Mal eine Regierung in Pakistan führen, Pervez Musharraf, der unpopulär gewordene Präsidentengeneral, dafür im Amt bleiben. Es war ein Deal, auf den vor allem auch die USA und die EU drängten.

Auf der Siegerstraße

Am 18. Oktober war es so weit: Bhutto landete in Karatschi und fuhr in einem inszenierten Triumphzug ihrer Anhänger vom Flughafen zu iher Privatresidenz. Ein erster schwerer Anschlag ereignet sich – fast 140 Menschen sterben. Auch der Handel mit dem Präsidenten platzt. Musharraf verhängte am 3. November den Ausnahmezustand, um seine Wiederwahl als Staatschef gegenüber dem Höchstgericht durchzusetzen. Bhutto wird unter Hausarrest gestellt. Als der Ausnahmezustand auch auf internationalen Druck hin endet, ist Bhutto wieder auf der Siegerstraße.

Die Tochter aus begütertem Haus hat bereits ein Leben voller Gewalt, politischer Siege und Niederlagen hinter sich. Ihr Vater Zulfikar Ali Bhutto, dessen Nachfolge sie antritt, wurde 1977 aus dem Amt des Premiers geputscht; Zia ul-Haq, der Armeechef und spätere Diktator, ließ ihn einsperren und 1979 durch den Strang hinrichten. Bis 1984 bleibt die Bhutto-Familie unter Hausarrest, dann geht sie nach Großbritannien ins Exil. Benazir Bhutto hatte dort studiert – Philosophie, internationales Recht und Wirtschaft in Oxford. Als Zia ul-Haq 1988 bei einem nicht geklärten Hubschrauberabsturz ums Leben kommt, kehrt Benazir Bhutto nach Pakistan zurück: Die PPP gewinnt die Wahlen und Bhutto wird mit 35 Jahren erstmals Premierministerin. Eine Revolution für das muslimische Land.

Bhutto wird gestürzt, gewinnt 1993 ein zweites Mal die Wahlen und verliert 1996 wieder das Premiersamt. Die Gewalt lässt den Bhutto-Clan dabei nicht los: 1996 wird Benazirs Bruder Murtaza in Islamabad erschossen, 1980 wurde ihr anderer Bruder Shahwanaz in Frankreich vergiftet. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 28.12.2007)