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Marion Jones

Foto: APA/AP/Ryan
Boston - Jahrelang hat sie alles abgestritten oder geleugnet. Jetzt jedoch hat die dreifache Leichtathletik-Olympiasiegerin Marion Jones aus den USA zugegeben, vor den Olympischen Spielen 2000 in Sydney mit leistungssteigernden Drogen gedopt zu haben. Vor einem Gericht in White Plains im US-Staat New York gestand die knapp 32-jährige Amerikanerin am Freitag, sie habe gelogen, als sie von US-Ermittlern nach der Verwendung von leistungssteigernden Substanzen befragt worden sei.

"Ich möchte mich für alles entschuldigen"

Die 31-Jährige berichtet, von 1999 an zwei Jahre lang illegale Substanzen genommen zu haben, die sie von ihrem Trainer Trevor Graham erhalten habe. Der umstrittene Coach, so die Kalifornierin, habe ihr erklärt, es handle sich um ein Leinsamen-Öl. Jedoch hätte sie misstrauisch werden müssen, als Graham ihr empfohlen habe, das Nahrungsergänzungsmittel geheim zu halten. Außerdem habe sie nach der Einnahme des Präparats eine leistungssteigernde Wirkung gespürt, heißt es in einem Schreiben, deren wesentliche Angaben eine Vertrauensperson gegenüber der "Washington Post" bestätigt hat.

"Ich möchte mich für alles entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich alle in vielen Sachen enttäuscht habe", zitiert die Zeitung die Vertrauensperson, der eine Kopie des Briefes vorlag. Persönlich war Jones nach Angaben der "Washington Post" am Donnerstag nicht zu erreichen. Graham wollte auf Anfrage des Mediums keinen Kommentar abgeben. Jones erwähne in dem Brief zudem, dass sie im Zusammenhang mit einem Scheck über 25.000 Dollar gelogen habe.

Dubiose Geldflüsse

Das Geld habe sie zwar 2005 von ihrem ehemaligen Freund und Vater des gemeinsamen Sohnes, Tim Montgomery, bekommen, dies aber gegenüber den Untersuchungsbehörden bestritten. Der ehemalige 100-m-Weltrekordler Montgomery hatte damals angegeben, die Summe stamme aus dem Verkauf eines Wagens und sei eine Teilrückzahlung an Jones, bei der er sich 50.000 Dollar geliehen habe. In diesem Jahr hatte sich schließlich Montgomery schuldig bekannt, in millionenschwere Bank-Betrüge und Geldwäsche beteiligt gewesen zu sein. Er soll am 1. November verurteilt werden.

"Das ist beängstigend, ich hatte geglaubt, sie ist sauber. Ich bin geschockt", meinte der ehemalige US-Sprinter John Drummond, der in Sydney Olympiasieger mit der 4x100 Meter-Staffel wurde. "Es ist wie der alte Spruch, dass Betrüger niemals gewinnen. Egal, wie glorreich und glamourös die Dinge auch aussehen mögen, letztlich werden sie gefasst und bezahlen ihren Preis. Wir sollten keine Angst vor der Wahrheit haben, es ist traurig, dass es so weit gekommen ist. Solche Sachen schaden der Leichtathletik", so Drummond weiter.

Immer wieder Doping-Gerüchte

In der Vergangenheit war Jones immer wieder mit Doping in Verbindung gebracht worden. So stand ihr Name nach amtlichen Angaben auf der Kundenliste des Balco-Unternehmens, das bis zur Aufdeckung 2003 US-Spitzensportler mit Steroiden versorgt hat. Laut des jetzigen Briefes habe Jones damals bei der Befragung durch staatliche Behörden gelogen und Dopingmissbrauch abgestritten, obwohl sie eine ihr präsentierte Probe des Steroids sofort wieder erkannt habe, da sie diese auf Anordnung von Graham benutzt habe. Als Grund für ihre Falschaussage gab sie in dem Schreiben Panik und Selbstschutz für sich und ihren Trainer an.

Im Dezember 2004 eröffnete das Internationale Olympische Komitee (IOC) ein Untersuchungsverfahren gegen Jones wegen Dopings und im Juni 2006 wurde bei den US-Leichtathletikmeisterschaften in ihrer A-Probe EPO nachgewiesen. Da die B-Probe jedoch negativ ausfiel, galt Jones bisher offiziell weiterhin als unschuldig. Ebenfalls 2004 hatte Balco-Gründer Victor Conte im US-Fernsehen ausgesagt, dass Jones vor und während der Spiele in Sydney Steroide, Wachstumshormone und andere illegale Substanzen genommen habe.

Außerdem, so Conte damals, habe er der Athletin während eines Meetings 2001 gezeigt, wie sie sich Wachstumshormone injiziere. Zudem habe er in Telefonkonferenzen mit Jones und Graham über die Doping-Kur des Leichtathletik-Stars gesprochen. Aufgrund dieser Behauptungen hatte Jones Conte auf 25 Millionen Dollar (17,7 Mio. Euro) verklagt und per richterlicher Anordnung erklären lassen, dass sie niemals verbotene Mittel genommen habe und bei ihr 160 negative Dopingtests durchgeführt worden seien, fünf davon in Sydney. Beide Seiten einigten sich 2005 auf die Zahlung einer nicht genannten Summe. "Dieser Prozess hat mich viel Geld gekostet, aber ich habe damals die Wahrheit gesagt und das mache ich jetzt auch", so Conte am Donnerstag.

"Zerstörung einer Heldin"

"Es ist die Zerstörung einer Heldin", erklärte Dick Pound, Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zu dem Dopinggeständnis von Marion Jones. "Es ist auf der einen Seite traurig, aber auf der anderen Seite eben leider billiger Betrug. Wir hoffen, dass die Kiste der faulen Äpfel langsam leer ist und die neue Generation daraus gelernt hat, aber wir werden sehen."

Die US-Medien gingen mit der gestürzten Diva hart ins Gericht. "Ihr überfälliges Geständnis ist hohl", kommentierte die "Los Angeles Times", "sie hat sich nicht mit den falschen Menschen umgeben, sie ist ein falscher Mensch." Die "New York Times" titelte: "Als Betrügerin entlarvt. Dieses Geständnis macht es unmöglich, Jones als sympathisches Opfer zu sehen."

BALCO-Gründer Victor Conte hatte in einem TV-Interview im Dezember 2004 erklärt, er selbst habe Jones mit Dopingmitteln versorgt und gesehen, wie sie sich Wachstumshormone gespritzt habe. "Ist Marion Jones ein schlechter Mensch? Nein", meinte Conte, "Marion Jones hat Fehler gemacht, die Schmerzen und das Leid, die sie jetzt dafür einstecken muss, werden sie furchtbar mitnehmen." (APA/dpa)