London - Der monatelange Kampf um die führende niederländische Bank ABN Amro ist entschieden. Das britische Geldhaus Barclays räumte am Freitag seine Niederlage im Ringen um die weltgrößte Bankenfusion ein, nachdem die Offerte wegen Aktienkursverlusten deutlich an Wert verloren hatte. Damit steht das Bankentrio um die Royal Bank of Scotland (RBS) mit seinem Angebot über 71 Milliarden de facto als Sieger fest und muss nun die Mammutaufgabe bewältigen, das in 53 Ländern aktive Geldhaus unter sich aufzuspalten.

Am Donnerstag war die Frist für die ABN-Aktionäre zur Annahme des Barclays-Angebots abgelaufen. Nur 0,2 Prozent der Aktien wechselten zu den Briten, da die Offerte um rund zehn Milliarden Euro unter dem Angebot der RBS lag. Barclays kündigte an, sich nun auf organisches Wachstum zu konzentrieren und ein milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm aufzulegen. Zudem forderte das Institut von ABN 200 Millionen als "Strafgebühr", da die Niederländer die ursprüngliche Fusionsvereinbarung aufkündigten. Ein ABN-Sprecher sagte, sein Institut sei zur Zahlung der Gebühr bereit.

Zu Beginn des Übernahmekampfes vor sieben Monaten war Barclays der bevorzugte Bieter für die Führung der niederländischen Bank gewesen, deren Wurzeln fast 200 Jahre zurückreichen. Als die überwiegend aus Aktien bestehende Offerte aber im Zuge der Kursverluste an Wert verlor, änderte das Management seine Haltung. In den kommenden Wochen dürfte das siegreiche Trio, zu dem neben RBS auch die spanische Großbank Santander und das niederländisch-belgische Institut Fortis gehören, nun mit Hochdruck an den Kostensenkungsplänen arbeiten.

ABN beschäftigt mehr als 100.000 Mitarbeiter. Die drei Banken wollen ABN mit seinen mehr als 4500 Filialen unter sich aufteilen, was als äußerst schwierig gilt. Die belgische Fortis ist an dem Geschäft in den Niederlanden interessiert, die spanische Banco Santander will die Tochterfirmen in Brasilien und Italien. Die Royal Bank of Scotland möchte den Rest übernehmen einschließlich des Investmentbankings.

Nicht zuletzt wegen dieser Pläne hatte ABN-Chef Rijkman Groenink die Offerte des Konsortiums abgelehnt und der Übernahme durch die Barclays Bank den Vorzug gegeben. Bei einem Aktionärstreffen Ende September hatte Groenink allerdings schon eingeräumt, dass die Offerte geringere Aussichten auf Erfolg habe als das wesentlich höhere Gegenangebot. Die Aktien von ABN und RBS lagen am Freitag kaum verändert, während Barclays-Papiere klar im Plus lagen. Viele Branchenexperten hatten den Kaufpreis als zu hoch bezeichnet. Die Fusion ist letztlich auch als weiterer Erfolg eines Hedgefonds zu bewerten: Denn ABN-Aktionär TCI hatte zu Jahresbeginn einen Zusammenschluss gefordert, um den Aktienkurs anzukurbeln. Seither sind die ABN-Papiere um knapp 50 Prozent gestiegen. (Reuters, red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.10.2007)