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Alpbach - Der US-Dollar hat heuer noch nicht seine Rekord-Tiefstände erreicht. Davon ist die überwiegende Zahl der Volkswirte und Analysten bei der diesjährigen Alpbacher Zins- und Währungsprognose überzeugt. Sollten aus den USA nachhaltige negative Finanz- und Konjunkturnachrichten kommen und die größte Volkswirtschaft in eine Rezession schlittern, schließen einzelne Insitute - wie Fortis - bis 2008 als "Stresswert" sogar 1,65 Dollar für den Euro nicht aus.

Abseits von bankinternen "Stresswerten" gilt eine Annäherung an 1,45 bis 1,50 Dollar in nächster Zeit unter mehreren Experten aber "nicht als ungewöhnlich". Während lediglich vier von zehn Instituten bis Ende Dezember eine leichte Dollarerholung sehen, sieht die Mehrzahl neue Euro-Höchststände. Für Mitte 2008 wird aber durchwegs Erholung der US-Währung vorhergesagt, so die US-Wirtschaft von einer Rezession verschont bleibt.

Euro-Kurs von 1,42 Dollar

Im Mittel erwarten die zehn an der Prognose beteiligten Institute bis Jahresende 2007 einen Euro-Kurs von 1,42 Dollar. Am optimistischsten ist derzeit bis zum Jahreswechsel die RZB mit 1,38 Dollar für einen Euro (1,30 bis Juni 2008) und die Dollar-Pessimisten werden von der Hypo Tirol mit 1,45 Dollar für Jahresende 2007 angeführt. Weil viele Marktteilnehmer von einer lang anhaltenden Finanzmarktkrise ausgingen, dürfte es weitere Euro-Höhenflüge geben, also weiteren Druck auf den Greenback, meinte die Hypo Tirol. Die Erste Bank sieht den Euro zu Silvester um die 1,40 Dollar, hält es aber für möglich, dass zwischendurch die Marke von 1,45 getestet wird. Da wäre dann schon viel Negatives eingepreist. Über 1,44 oder 1,45 Dollar müssen schon "viele negative Meldungen kommen und die sehen wir nicht".

Von Exporteuren musste sich RZB-Chefanalyst Peter Brezinschek in Alpbach viele Klagen wegen der Eurostärke anhören. "Jedesmal wenn die Währung eine runde Marke nimmt, häufen sich die Kassandrarufe zum Ende der europäischen Konkurrenzfähigkeit", so der Experte. Das sei nicht eingetreten. Wichtiger als die reinen Wechselkurse sei für die Exporteure das Umfeld in den Zielländern. Die Lieferungen nach Asien seien heute schon so hoch wie die in die USA, und gerade Österreich profitiere von seiner Osteuropa-Verflechtung. "Wir haben auch keine Emerging-Markets-Krise".

Sorgen um US-Konjunktur

Sorgen um die US-Konjunktur haben die meisten Experten. Der Raiffeisen-Ökonom warnte aber eindringlich davor, das Rezessionsgespenst zu beschwören. Gleichzeitig beruhige es ihn, dass es auch unter den Alpbacher Prognoseinstituten divergierende Einschätzungen gebe. Schlimmer wäre ein Herdentrieb.

Läuft in den USA alles viel besser, so ergaben die Minimal-Stresswerte fürs Euro-Dollar-Verhältnis keine im worst case gesehenen historischen "Stress"-Preise von 1,52, 1,60 oder gar 1,65, sondern sogar wieder ein Heranrücken an die Parität (1,15 Dollar als tiefster Wert, wieder Fortis) oder zumindest in Richtung 1,20/1,30 Dollar.

Erstmals wurde beim heurigen Finanzsymposium Alpbach auch eine "Saalwette" entgegengenommen. Sie zeigte, dass die Teilnehmer (Unternehmer und Finanzfachleute) durchwegs pessimistischer sind. Die relative Mehrheit der Saalgäste sah die Währungsrelation zur Mitte nächsten Jahres zwischen 1,44 und 1,55 Dollar.

Eingeräumt haben die Prognose-Experte aus den Banken, dass die Voraussagen diesmal extrem schwer sind, und durchaus in entgegengesetzte Richtungen gehen könnten. Über das Ausmaß einer weiteren wirtschaftlichen Abschwächung in den USA gab es unterschiedliche Meinung. "Keine große Bank kann eine Rezession prognostizieren", gab Michael Rottmann, Chefanalyst der Bank Austria, zu. Kein Research-Mitarbeiter traue sich, seinem Vorstand ein US-Rezessionsszenario vorzulegen. Das spiegle sich auch in den Zinsprognosen wider. Er sprach von der US-Hypothekenkrise dennoch von der ersten Krise seit fünf Jahren.

Misstrauen der Banken

Kritisch sei das Misstrauen der Banken untereinander. "Toxisch" sei da das Unwort des Jahres, so der Bank Austria-Experte. Solange von den internationalen Finanzriesen nicht alle Quartalsdaten vorliegen, wird wohl Furcht vor weiteren Leichen im Keller herrschen. Allerdings mehrten sich die Zeichen, dass dieser "Eisberg" abschmilzt. Schmilzt er nicht ab, "dann haben wir ohnehin andere Probleme", meinte Tim Geißler von der RLB NÖ-Wien namens seiner Branche. "Nicht die Amerikaner haben Subprime-Risiken, sondern die Europäer und Asiaten, die das Ganze gekauft hätten.

Für Schweizer Franken und Yen wird eine "Stärkung der Darlings der österreichischen Fremdwährungskreditnehmer" erwartet. Relativ übereinstimmend sehen die Volkswirte eine Zinspause seitens der EZB.

Einen Trost für die Exporteure hatte Raiffeisen-Manager Brezinschek: Das Land mit der weltweit stärksten Währung sei seit fünf Jahren Brasilien. Und dort wachse die Wirtschaft stärker denn je. "Wir brauchen also keine Angst vor einem zu starken Euro haben"

Die Zins- und Währungsprognose per 31. 12. 2007 und 30. 6. 2008, wurde heuer von den Instituten ABN Amro, Bank Austria, Erste Bank, Fortis, Hypo Tirol, Innovest, Investkredit, RLB NÖ-Wien, RZB, Sal Oppenheim erstellt.

Molterer: "Keine negativen Auswirkungen auf Exporte"

Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) befürchtet "derzeit keine negativen Auswirkungen" des hohen Euro-Kurses auf die österreichischen Exporte. "Der Leistungsbilanzüberschuss in Österreich zeigt die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft", ließ Molterer über seinen Sprecher ausrichten. Außerdem habe er "volles Vertrauen in die gute Zinspolitik der EZB in der Vergangenheit und in Zukunft". (APA)