In seiner Kampagne gegen die Europäische Union hat sich Cato bisher damit begnügt, die Regierung des Ausverkaufs österreichischer Interessen und einer unwiderruflichen Beschädigung der Demokratie zu beschuldigen beziehungsweise von den Lesern beschuldigen zu lassen - Vorwürfe, die heutzutage keinen Politiker berühren oder auch nur zu einer Reaktion veranlassen. Vielleicht hat Dichand aber bisher nur sein Pulver trocken halten wollen, denn auch die nun einsetzenden Forderungen nach einer Veröffentlichung des EU-Grundsatzvertrages dürfte keine Angst erzeugen, muss man doch die Gefahr, Hunderttausende "Krone" -Leser würden sich in das Studium des Papiers stürzen, um es auf der Basis des Gelesenen empört zu verwerfen, gering veranschlagen.

Doch seit Donnerstag ist alles anders. Dümpelte seine Kampagne also seit Wochen dahin, warf er an diesem Tag gleich das letzte Aufgebot in die Schlacht: Thema EU-Verfassung: Auch Zilk klar für Volksabstimmung. Nicht dass das eine besondere Überraschung wäre - wenn Dichand eine Kampagne befiehlt, müssen alle Mitarbeiter des Blattes an einem Strang ziehen, vom Ombudsmann über die Leserbriefschreiber bis hinunter zum kleinsten Kolumnisten. Sollte nicht einmal Zilk in den Politikern eine populistische Saite zum Klingen bringen, dann ist wohl das Pulver verschossen. Vorstellbar wäre dann als allerletzte Hoffnung nur noch einer: Erwin Pröll. Schuldig wär' er es der Krone schon.

Um ihrer kühnen ÖVP-Beschwörung vom Montag - Abschied vom Schüssel-Kurs - ein wenig Substanz zu verleihen, prunkte "Die Presse" gleich unter diesem Aufmacher mit der nicht weniger kühnen Behauptung: "Perspektiven"-Papier exklusiv. Wir wollen nun nicht gleich vermuten, was sich aufdrängt, nämlich der Geist Fellners habe von der "Presse" Besitz ergriffen, aber wenigstens sei der Hinweis erlaubt, dass die Grazer "Kleine Zeitung" dieses Papier schon am Sonntag im Blatt hatte, "Der Standard" hatte es am selben Tag wie "Die Presse" - also annähernd gleich exklusiv, ohne allerdings mit dieser Sekundärexklusivität anzugeben.

Eindeutig Geist von Fellners Geist waltet in jenem alten Produkt seines Hauses, das man dem Publikum als sensationelle Neuigkeit auf dem Medienmarkt einreden will: "Madonna". Von Anfang an mühte sich Chefredakteurin Uschi Fellner ab, das Heft als mehr erscheinen zu lassen, als die wöchentliche Ausgabe der täglichen "Österreich"-Beilage "Life & Style", nur auf besserem Papier.

Aber sogar die abgedroschenen Worthülsen waren dieselben wie immer. Moderne Frauen sind Madonna. Ein Name als neues Lebensgefühl - was eine gewisse Berechtigung hätte, hätte sie dabei Gottesmutter und Jungfrauengeburt im Sinn gehabt. Es geht aber nur ums Geschäft. Willkommen bei Österreichs erstem wöchentlichen Hochglanz-Magazin für Frauen. Der Name - Madonna - garantiert ein neues Lebensgefühl. Wo man diese Garantie einfordern kann, wird leider nicht erwähnt, im Produkt jedenfalls nicht.

Denn Madonna steht für Erneuerung, für Selbstbewusstsein, für Frauen die ihren Weg gehen, ist aber trotzdem nur ein alter Hut, denn viel weiter als in die schaumbedeckte Badewanne für den Fotografen führt er nur selten. So rasend exklusiv wie behauptet, ist der erste Besuch bei Margit Fischer im Büro schließlich auch nicht mehr. Und wenn schon zwischen Style, Catwalk, Jeans-Parade, Diva-Look, Fit wie Barbara Stöckl und Wohnen mit Spera Muslimas über den Islam diskutieren dürfen, dann nicht ohne eine Top-Business-Lady: Die smarte Beauty ist PR-Verantwortliche bei Kleiderbauer und Hämmerle und vor allem: Leading Ladies ÖSTERREICH Netzwerkerin.

Auch die Politik kommt nicht zu kurz. Selten zeigte sich Wiens Landesvater Michael Häupl (58) so privat wie beim Bürgermeisterfest im Rathaus: Offen herzte er bei der Feier, die auch sein Geburtstagsfest war, die neue Frau an seiner Seite. Sie steht dem mächtigen Politiker mit Humor und Tatkraft bei, befreite ihn beim Fest von lästigen Manschettenknöpfen. So sind sie, die Madonnas.

Gusis Eva Steiner als neue Party-Königin muss sich die Seite mit Fürstin Gloria von Thurn und Taxis teilen, aber am ergreifendsten wird es doch, wenn Uschi Fellner, für die kein Tag wie der andere ist, aus ihrem aufwühlenden Leben berichtet: Warum ich am Sonntag nie mehr Cremeschnitten kaufe. Vermutlich liegt es daran: Wir zeigen Selbstbewusstsein - und haben gleichzeitig ein schlechtes Gewissen. Da waltet tiefe Tragik: Wir sind selbstbestimmt, stehen auf eigenen Beinen - und wollen trotzdem unsere Weiblichkeit und Einzigartigkeit leben. Täglich neu. Schwer, aber nicht unmöglich, denn: Madonna begleitet Sie ab jetzt dabei.

Wer sich dieser Begleitung entziehen wollte, konnte sich diese Woche in "NEWS" erfrischen. Dort wittert man Lugner-Luft in der Sozialdemokratie. In der langjährigen Ehe des Sozialministers herrscht seit kurzem Krisenstimmung. Die Frau schweigt, sie möchte die Familie um jeden Preis schützen. Ebenso der Minister. Hilft nichts. Demnächst steht 's auch in "Madonna". (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 6./7.10.2007)