Graz/Wien - Es lichten sich die Nebel. Jenes bisher verdeckt agierende steirische Konsortium um Verbund-Aufsichtsratschef Gilbert Frizberg, das in Graz mit ukrainischen Partnern eine Flugzeugindustrie hochziehen will, legte am Freitag Karten auf den Tisch.

Frizberg, als Sprecher der Investorengruppe, präsentierte mit Oleg Shevchenko, dem Generaldirektor vom Partnerkonzern "Aviation of Ukraine", einen Vorvertrag, mit dem die Steirer zu exklusiven Verhandlungen für das geplante 400-Mio.-Euro-Projekt eingeladen werden. Das Unternehmensziel: Am Standort Graz - exakt am Fliegerhorst Nittner - sollen, wie berichtet, zivile Transportmaschinen des Typs Antonov AN 124 "westernized", also auf westlichen Standard umgerüstet werden.

Neutralität "ausschlaggebend"

Die Finanzierung läuft über die Raiffeisen-Landesbank Steiermark und den türkischen Finanzinvestor Projex. Mit im Boot bei den Steirern sind neben Frizberg auch der Chef und Eigentümer des Autozulieferunternehmens TCM und ÖVP-Landtagsabgeordneter Manfred Kainz, Ex-Pankl-Chef Ernst Wustinger und Hartmut Funtan, beide auch Geschäftsführer der "Luftfahrttechnik ProjektentwicklungsGmBH", die das Industrievorhaben managt. "Am Ende des Tages" werde aber ein internationales Konsortium an der Spitze stehen, sagte Wustinger dem STANDARD. Auch müsse sich die Projektgruppe um einen entsprechenden "Staatsvertrag" zwischen Österreich und der Ukraine bemühen, um das Millionenobjekt abzusichern.

Ein Beginn der Bauarbeiten ist für frühestens 2009, wenn der Fliegerhorst frei wird, geplant. Auch stehen noch konkrete Verhandlungen mit dem Verteidigungsministerium an.

Für Wustinger ist vor allem Österreichs Neutralität dafür ausschlaggebend, warum die Ukraine Graz für dieses sensible Industrieprojekt protegiert. Auch die Nähe zu Osteuropa sei eine wesentlicher Standortfaktor.

Der Chef des staatlichen ukrainischen Flugzeugkonzern, Oleg Schewtschenko erklärte am Freitag, dass gegenwärtig von der 124er-Antonov jährlich 73 Stück gefertigt werden. Schewtschenko: "Wir können aber den Bedarf des Marktes derzeit nicht decken. Wir hoffen mit diesem Projekt den Durchbruch zum Weltmarkt zu schaffen." Die steirisch-ukrainische Zusammenarbeit sei vorerst auf 30 Jahre fixiert worden.

Der nächste Schritt sei das "schwierige Kapitel der Zertifizierung", sagte Wustinger. Diese werde das in Frohnleiten ansässige Hightechunternehmen Aerospace und Mechanikal Engineering Services (AMES) übernehmen.

FACC-Verkauf

Indessen bestätigte der Aufsichtsratschef des oberösterreichischen Luftfahrtzulieferers, FACC, Florian Keiper-Knorr, dem Standard, die Einigung unter allen Eigentümern (Salinen, Skihersteller Fischer und FACC-CEO Walter Stephan) über einen mehrheitlichen oder Totalverkauf der FACC. Welche Varianate zum Tragen kommt, hänge vom Käuferwunsch ab. Notwendig wurde der Verkauf wegen des hohen Kapitalbedarfs von 150 bis 200 Mio. Euro, den die Alteigentümer nicht bezahlen können. Der Kapitalbedarf entsteht aus der Konsolidierung auf dem Zuliefermarkt: Das Unternehmen, das mit seiner Leichtbautechnologie zuletzt beim Airbus A380 und beim Boeing 787 Dreamliner landete, bemüht sich, in die erste Lieferantenreihe aufzusteigen. Das erfordere hohe Entwicklungskosten. (mue, cr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.10.2007)