In wenigen Monaten ist der europäische Grenzschutz in Österreich Geschichte. Auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen: Von da an heißt es in dieser Angelegenheit den Nachbarn zu vertrauen, unter anderem den Ungarn, die mit acht weiteren Ländern voraussichtlich im Dezember dem Schengenraum beitreten werden. Ende 2008 kommen dann auch Zypern, Bulgarien und Rumänien dazu. Bei Reisen nach Großbritannien und Irland gilt es hingegen nach wie vor seinen Pass zu zeigen.

Foto: Khorsand/derstandard.at

Und die Ungarn sind gerüstet. Oberstleutnant Attila Kovács ist stolz auf seine Leute. 23 Kilometer Grenze sind sein Arbeisterrain in dem ungarischem Grenzdorf Záhony mit knapp 4.000 Einwohnern. "Wir hatten immer schon das Wissen, jetzt haben wir auch die Technik", sagt der 38-Jährige. Stolz zeigt er auf dem Bildschirm die jüngsten Erneuerungen. Über GPS kann er die Standorte jedes einzelnen Grenzbeamten in Ungarn ausfindig machen.

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Bis vor drei Jahren waren die Ungarn in Sachen Grenzschutz auf sich gestellt. Pässe mussten von geschulten Augen kontrolliert werden. Jetzt haben sie dafür Mikroskope und Computersysteme von der EU, womit sie gefälschte Dokumente leichter ausmachen können.

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Stichprobenartig werden die zahlreichen Lkws nach Zigaretten und anderer Schmuggelware geröntgt. Auch C02-Sonden werden eingesetzt um herauszufinden, ob in den Fahrzeugen Menschen oder Tiere illegal über die Grenze gebracht werden.

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Knapp Hundert Meter trennen hier den Osten vom Westen. Am anderen Ufer der Theiß beginnt bereits die Ukraine. Hier braucht man keinen Pass, ein Boot und ein bisschen Glück reichen. Das dachten sich auch die 28 Moldawier die vergangene Woche von Oberstleutnant Attila Kovács und seinen Leuten aufgegriffen wurden. "Ich würde nicht rüberschwimmen", sagt Kovács. Als Nichtschwimmer würde er eher noch auf einen gefälschten Pass vertrauen. In der Regel werden jene mit falschen Dokumenten zurück in ihre Heimat geschickt. In manchen Fällen kommen sie hingegen in Auffanglager. Dort können sie bis zu 12 Monaten festgehalten werden, bis sich ihr Aufenthaltsstatus präzisiert hat.

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"Hier wird alles videoüberwacht!" steht auf der Wand neben Alez Dolhai . Er ist Leiter vom Internierungslager im ungarischen Nyirbator nahe der ukrainischen Grenze. In Ungarn gibt es insgesamt vier dieser Häuser. Derzeit sind bei Dolhai 62 Menschen inhaftiert. Sie stammen vor allem aus Moldawien und Serbien. Vereinzelt werde auch Vietnamesen und Chinesen aufgegriffen. Stolz zeigt Dolhai den Besuchern die frisch renovierten Räume des Lagers, das seit 2005 mit EU-Geldern unterstützt wird. "Seither haben sich die Bedingungen sehr verbessert", sagt Dolhai. Nun sitzen nicht mehr 30 bis 40 Leute in einer Zelle, sondern nur mehr drei bis vier. Die meisten werden rasch in ihre Heimat geschickt. Wenn das nicht möglich ist, kommen sie in "freie" Einrichtungen des ungarischen Innenministeriums, wo sie sich frei bewegen können und nicht unter ständiger Bewachung stehen.

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Der Georgier Nugzar Papunashvili und der Mazedonier Dimitri Vasil leben in einem dieser Häuser nur wenige Meter vom Internierungslager entfernt."Ich war zehn Monate davor in Holland. Dort hattest du alles. Sie haben sich um dich gekümmert. Hier hast du kein Internet, kein Fernsehen, kein Telefon", sagt der 55-jährige Vasil im gebrochenem Deutsch. Zurzeit wartet er auf seinen Prozess wegen illegaler Einreise nach Ungarn. Papunashvili hatte Asyl beantragt. Der ehemalige Boxtrainer aus Tiflis hat das Land verlassen, nachdem seine Frau und seine Tochter auf offener Straße erschossen worden waren. "Ich warte nur noch darauf, dass sie mich nach Hause schicken", sagt der 39-jährige Georgier.

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"Ob arm oder nicht. Unser Job ist es alle Illegalen aufzuhalten", sagt Robert Lesku (rechts). Mit seinem Kollegen steht er bereits seit drei Stunden nahe Záhony, wenige Kilometer von der ukrainischen Grenze, Wache. Sein Job: verdächige Autos zu stoppen. Das soll heißen in erster Linie Autos mit nicht-ungarischen Kennzeichen.

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An dieser Stelle passen die Grenzschutzbeamten auf, dass keiner aus dem fahrenden Zug von der Brücke springt und über die Grenze läuft. Viel zu tun gibt es nicht. In diesem Jahr gab es hier genau einen Zwischenfall, als Mitglieder eines ukrainischen Zigaretten-Schmuggler-Rings nach Ungarn wollten.

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Aus dem Wasser hat Viktor Szabó noch keinen fischen müssen. Viel wird sich mit Schengen für ihn nicht ändern. Nur die Austattung für sein Boot wird sich verbessern. Bald sind die Zeiten vorbei, in denen er nur mit Scheinwerfern über die Theiß fahren musste. In wenigen Monaten bekommt er Nachtsichtgeräte.

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Jeden Donnerstag und Freitag müssen sich die ungarischen Grenzbeamten auf etliche Wagenkolonnen aus der Ukraine gefasst machen. Unzählige Minibusse mit ukrainischen Gastarbeitern sind auf dem Weg nach Italien, damit ihre Passagiere dort für 1.000 Euro im Monat putzen und kellnern können.

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Bis zu zehn Stunden kann man schon einmal bei der Grenze warten. Die Fahrer haben darin Routine. Manche haben es sich bereits mit mehreren Kopfkissen auf dem Lenkrad "gemütlich" gemacht. "Dabei läuft es heute richtig flott. Bis jetzt waren es nur fünf Stunden, die uns die Herrschaften haben warten lassen", sagt einer der Fahrer und schaut verächtlich nach vorne zu den Grenzbeamten, die Dutzende Busse entfernt sind.

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Und die brauchen ihre Zeit. Schließlich gilt es bei jedem genau zu überprüfen, ob er Illegales in den EU-Raum schmuggelt. Und sei es nur Benzin, das man wenige Kilometer von Záhony entfernt um die Hälfte des Preises bekommt.

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4,15 ukrainische Griwina - also rund 60 Cent pro Liter - zahlt man auf dieser Tankstelle nur wenige Kilometer von der ungarisch-ukrainischen Grenze entfernt. Unmittelbar nach dem Grenzübergang säumen zahlreiche Tankstellen rechts und links die Straße. Ein Paradies für den westeuropäischen Autofahrer.

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Ein beliebtes Reiseziel dabei ist die westlichste Stadt der Ukraine: Uzhgorod, Hauptstadt von Transkarpatien. Sie liegt im Dreiländereck zwischen der Slowakei, Ungarn und der Ukraine.

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Rund 117.000 Einwohner leben in der Stadt. Bisher konnten sie gratis ins Nachbarland Ungarn reisen. Mit Schengen werden sie in wenigen Monaten 35 Euro für ein dreimonatiges Visum hinlegen müssen. Das monatliche Durchschnittseinkommen eines Ukrainers beträgt etwa 70 Euro.

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Unter diesen Umständen werden sich manche zweimal überlegen, ob sie ins Nachbarland einreisen. Dass das keine Frage des Wollens ist, ist im Osten nichts Neues. (Solmaz Khorsand, derStandard.at/8.10.2007)

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