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Drei Männer im Kampf um das Image des Bundesministeriums für Inneres: Andreas Pichler, Karl Hutter und Mathias Vogel (v. li.) erklären den Medien die Rechtslage.

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Rund 500 Menschen haben am Samstag in Frankenburg für die Familie Zogaj demonstriert.

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Grausame Teilung einer gut integrierten Familie oder rechtmäßige Abschiebung von Kosovaren, die nur aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen sind: Zwischen diesen beiden Polen schwankte die Diskussion um Familie Zogaj am Wochenende.

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Frankenburg/Wien - "Papa, kann man eh alles gut lesen?" Das selbst gebastelte Schild überragt den neunjährigen Paul um zwei Köpfe. Papa entfernt sich, signalisiert mit dem Daumen nach oben, dass die Botschaft gut lesbar sei. "Albin, mein Freund, du fehlst mir so", lautet sie. Albin ist der neunjährige Sohn der Familie Zogaj aus Frankenburg. Am 26. September wurde der Volksschüler gemeinsam mit seiner Schwester Albona, zwei älteren Brüdern und deren Vater in den Kosovo abgeschoben. Die Mutter liegt seitdem mit einem Nervenzusammenbruch im Krankenhaus, Tochter Arigona ist untergetaucht.

500 Demonstranten in Frankenburg

Rund 500 Demonstranten waren am Samstag nach Frankenburg zum Protest gekommen. Unter die aufgebrachte Menge mischten sich auch Vertreter aus Politik und öffentlichem Leben. Das schwerste Los hatte Oberösterreichs Landtagspräsidentin Angela Orthner, seit Kurzem Integrationssprecherin der Landes-VP. Ihre Worte gingen in gellenden Pfiffen und Buh-Rufen unter. Dennoch ließ Orthner mit der Aussage aufhorchen: "Wenn Asylverfahren so lange dauern, hat die Republik ihr Recht verwirkt." Knapp 24 Stunden später und 260 Kilometer entfernt kann man im Innenministerium damit gar nichts anfangen. Kurzfristig wurde Sonntag eine Pressekonferenz einberufen, bei der Mathias Vogel, Sektionschef der Rechtsabteilung, "die rechtliche Seite näher bringen" will. Denn: "Wir wollen uns dieser Kritik stellen."

Die Verfahrensgeschichte der Familie Zogaj soll den Spin der Geschichte ändern. Zuerst sei, zwei Jahre nach Ende des Kosovo-Krieges, Herr Zogaj mithilfe von Schleppern eingereist und habe um Asyl angesucht. Das im Mai 2002 vom Bundesasylamt abgelehnt worden sei. Was den Vater nicht daran hinderte, vier Monate später seine Frau und die fünf Kinder nach Österreich schleppen zu lassen.

Drei Asylanträge seien negativ entschieden worden

Insgesamt drei Asylanträge seien negativ entschieden worden, im Mai 2004 erhielt die Familie ein Jahr Zeit zur freiwilligen Ausreise, schildert Bereichsleiter Hutter. In ihrem Dorf im Kosovo hätten die Abgeschobenen auch familiäre Bindungen und Unterkunft.

Von Abschiebung spricht in der Wiener Herrengasse niemand, vielmehr sei die "Rückführung" der albanischen Familie nach Zustimmung der UN-Mission im Kosovo angeordnet worden. Da sie weder Roma noch ethnische Minderheit in ihrem Dorf seien, was zu unsicher wäre. Ein generelles Bleiberecht gäbe es für Kosovaren weder in Österreich noch in der Schweiz, wiedersprach man einer STANDARD-Meldung vom Donnerstag.

"Unglaubliche Ungeheuerlichkeiten"

"Da passieren unglaubliche Ungeheuerlichkeiten. Es ist eine Schande unserer Zeit", kritsierte tags zuvor Autor Franzobel im Gespräch mit dem STANDARD. In seiner Rede in Frankenburg reagierte der Schriftsteller auf Innenminister Günther Platter (VP), dass der Staat nicht erpressbar sein dürfe. "Wie soll ein 15-jähriges Mädchen den Staat erpressen?" Das könnten allenfalls Terroristen und Geiselnehmer, so Franzobel.

Nachwuchsdemonstrant Paul hat zu diesem Zeitpunktschon kein Schild mehr. Schuld daran war ein junger Demonstrant, den der Alkohol bereits am frühen Vormittag aus dem Gleichgewicht brachte. Einem inbrünstigen "Fuck the system"-Schrei folgte ein unkontrollierter Rückschritt des Punks und Paulis Schild war demoliert. (Michael Möseneder Markus Rohrhofer/DER STANDARD; Printausgabe, 8.10.2007)